Nr. 47 vom 23. November 1996

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Die Diskussionen zwischen Landwirtschaft und Kirche zu Fragen der Landwirtschaft waren seit langem schwierig. In den letzten beiden Jahren jedoch ist man sich näher gekommen. Oft fehlt nur noch ein kleines Stück bis zur Einigung. So war es auch auf der letzten Veranstaltung "Landwirtschaft und Kirche", die wie viele ihrer Vorgänger wiederum im Monat November im Rendsburger Conventgarten stattfand, und über die bereits ausführlich im "Bauernblatt" berichtet wurde. Der Referent Dr. Manfred Reschke aus Hannover hatte - wie berichtet - unwiderlegbar klar gemacht, dass der Hunger in der Welt nur mit modernen Methoden des Landbaus bekämpft werden kann. Besonders, so machte er deutlich, gilt das deshalb, weil die Weltbevölkerung rasant wächst und die Agrarflächen praktisch nicht mehr vermehrbar sind, es also keinen Weg vorbei an steigenden Erträgen gibt.

Einer der anwesenden Pastoren hielt dem entgegen, Reschke habe zwar überzeugende Zahlen und Statistiken vorgelegt, er selbst habe aber mit den Menschen in den Slums an den Rändern von Riesenstädten in der Dritten Welt gesprochen. Diese Menschen seien von ihrem überschuldeten Bauernland den "Multis" gewichen und vegetierten jetzt ohne Erwerbschance dahin. Dies, so sagte er, könne nicht der richtige Weg sein.

Hier war es soweit, beide hatten recht und stimmten dennoch nicht überein, weil sie - noch - aneinander vorbeiredeten.

Selbstverständlich ist das Ernährungsproblem auch ein Verteilungsproblem, und leider gibt es in vielen Ländern dieser Erde unerträgliche gesellschaftliche Strukturen. An einer Tatsache kommen wir aber nicht vorbei. Die Welternährungsfrage ist und bleibt ein Mengenproblem und hängt an den Möglichkeiten, weltweit die Erträge zu steigern. Es ist zwar richtig, dass viele kleine landwirtschaftliche Betriebe dann besser sind als große, wenn gleichzeitig mit dem Vorhandensein großer Betriebe die Menschenmassen in den Slums ohne Erwerb dahinvegetieren.

Wünschen wir uns also im Einklang mit unseren Theologen bäuerliche Strukturen überall in der Welt, der Mentalität unserer Bauern würde das ohnehin mehr entsprechen. Warum aber sollen die Bauern in der Dritten Welt deshalb ihre Pflanzen verhungern oder von Schädlingen auffressen lassen?

Auch bei kleinbäuerlichen Strukturen in der Dritten Welt, die unserem Gefühl mit Sicherheit mehr entsprechen als die gegenwärtigen Zustände, würden wir die bevorstehende Bevölkerungsentwicklung nur mit deutlich steigenden Hektarerträgen verkraften können, wofür jedes ökologisch vertretbare nachhaltige Instrument recht sein muss. Die AGENDA 21 spricht sich nicht ohne Grund so deutlich für die Vorteile der Gentechnik, des integrierten Pflanzenschutzes und der integrierten Düngung aus. In Kirchenkreisen ist die AGENDA 21 bisher nur leider nicht gründlich genug gelesen worden.

Im Gegenteil, in Kirchenkreisen kursieren Gutachten auf nur scheinbar fachlicher Grundlage, die die AGENDA - bewusst oder unbewusst - schlicht ignorieren und sich damit im Einklang mit Politikern von Bündnis 90/Die Grünen befinden. War es doch ein Bundestagsabgeordneter der Grünen, der sich auf der Eröffnungsfeier zur AGENDA 21 in Kiel erstaunt zeigte, als er erfuhr, die AGENDA propagiere den integrierten Pflanzenschutz. Vielleicht hat er die AGENDA inzwischen gründlicher gelesen.