Nr. 1 / 2 vom 11. Januar 1997

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Am Ende des letzten Jahres wurde er zum dritten Mal vergeben, der Forschungspreis "Rauchfrei Leben". Der Preis, der mit DM 10.000,- ausgestattet ist, ging für 1996 an eine Arbeitsgruppe, die sich zusammensetzte aus Forschern des GSF - Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit in Neuherberg und der Forschungsstelle Rauchen und Nikotinabhängigkeit der Fachhochschule Düsseldorf.

Die Arbeitsgruppe hatte an 8.500 Kindern und Jugendlichen über neun Jahre die Folgen des aktiven und passiven Rauchens untersucht. Die Ergebnisse der Untersuchung geben zum Nachdenken Anlass, zumal bei den Kindern die Folgen des passiven Rauchens deutlich hervortraten. Die Häufigkeit für Husten war um 23 bis 55 Prozent erhöht und die Häufigkeit von Atemwegsinfekten um 14 bis 25 Prozent. Erschreckend war schließlich die Aussage der Arbeitsgruppe , wonach 15 bis 25 Prozent der sechsjährigen Kinder bereits irgendwann aktiv geraucht hätten. Es ist hier nicht der Ort , die weiteren Einzelheiten der Untersuchung zu referieren. Für die Gesundheitserziehung liegt dort jedenfalls ein weites Feld. Wir wollen auch denjenigen, die das Rauchen genießen, ihren Genuss nicht vermiesen; aber Verhaltenskorrekturen größeren Ausmaßes dürften angezeigt sein, besonders wenn Kinder in der Nähe sind.

Hier soll es also nicht um die Einzelheiten der Untersuchung gehen, aber um ein "Nebenergebnis" : Die Forscher hatten auch die Folgen einer Reihe der gängigsten Auswirkungen von anderen Umweltbelastungen außer dem Rauchen untersucht. In der in der Apothekerzeitung hierzu veröffentlichten Zusammenfassung hieß es zu diesem "Nebenergebnis" lapidar : "Die in der Studie ebenfalls untersuchten gesundheitlichen Auswirkungen von Umweltbelastungen lagen deutlich unter denen des Passivrauchens oder der kurzen Aktivrauchphase der Jugendlichen."

Zwei Seiten hat diese Medaille: Einerseits muss man die Sorgen im Zusammenhang mit den Folgen des Rauchens bei Kindern wohl wirklich ernst nehmen. Andererseits dürften sich bei den Diskussionen über die vielen anderen Umweltgefahren etliche Übertreibungen eingeschlichen haben. Wenn ein einziger Risikofaktor, den wir zudem auch noch mehr oder weniger freiwillig in Kauf nehmen, so schwer wiegt, dass er alle übrigen überdeckt, ist das doch bemerkenswert.

Bemerkenswert ist noch ein weiterer Umstand: Die Apothekerzeitung hätte auch die Möglichkeit gehabt, statt der Überschrift "Forschungspreis Rauchfrei Leben" eine andere Überschrift zu wählen , z.B.: "Die meisten angeblichen Umweltgefahren vergleichsweise unbedeutend!"

Warum wurde diese Überschrift und nicht eine andere gewählt ? Im konkreten Fall wissen wir es nicht, die Wahl der Redakteure der Apothekerzeitung entspricht aber einer allgemeinen Tendenz. Man hat zwei mögliche Folgen, wenn man nicht über die großen Gefahren schreibt, sondern darüber, dass es bei der Diskussion um Gefahren vielleicht auch Übertreibungen gibt. Entweder man wird gar nicht gelesen, oder man wird als Abwiegler und damit als indirekter Umweltfrevler abgestempelt. Vorstellbar ist, dass die Redakteure beides gerne vermeiden wollten.

Vielleicht ging es ihnen aber auch schlicht darum, dass ihnen das erzieherische Anliegen im Zusammenhang mit dem Rauchverhalten besonders wichtig war. In dem Fall könnten sie dennoch in der nächsten Ausgabe noch einmal nachlegen und die andere Seite der Medaille vorzeigen. Die Sache wäre es wert.