Nr. 4 vom 25. Januar 1997

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Von den selbsternannten Knickkontrolleuren des NABU im Kreis Segeberg war vor einigen Wochen an dieser Stelle die Rede. Sie haben kein Betretungsrecht auf landwirtschaftlichen Feldern, betreten sie dennoch und reden von angeblichen Rechtsverstößen der Bauern. Sie bestimmen, was naturfeindlich und was naturfreundlich ist und kritisieren munter drauflos, stets andere , nicht sich selbst.

Die Vorfälle im Kreis Segeberg stehen nicht als Einzelfälle da. Auf derselben Wellenlänge liegen Ereignisse, über die jüngst das Nachrichtenmagazin "Focus" berichtete. Dabei ging es um das Müllverhalten der Käufer in Ökoläden. Focus : "Natürliches ist den Kunden von Bioläden teuer. Beim eigenen Umweltverhalten nehmen es Ökokäufer dagegen nicht so genau."

Der Großteil der Biobranche verweigert sich dem Dualen System Deutschland (DSD) und zahlt keine Abgaben für den Grünen Punkt, so Focus. Das würde aber bedeuten, dass Ein - und Mehrwegverpackungen aus diesen Bioläden nicht in die Säcke, Tonnen und Container mit dem Grünen Punkt geworfen werden dürften. Sie müssten zurück zum Händler. Genau das aber geschieht nach den Berichten meistens nicht. Focus wörtlich: "Weil die naturbewussten Konsumenten in der Mehrzahl den bequemen Weg zu Tonne und Container gehen, entsteht dem DSD beträchtlicher Schaden. Das Duale System hat errechnet, dass ihm allein durch Verpackungen aus Ökoläden, die keinen Grünen Punkt tragen, jährlich bis zu zehn Millionen Mark verloren gehen."

Gegen die Trittbrettfahrer geht das Duale System jetzt mit verstärkten Kontrollen vor. Diese Trittbrettfahrer sollen daran gehindert werden, ein System, dass sie - mit guten oder schlechten Gründen sei hier dahingestellt - ablehnen, kostenfrei zu nutzen. Hier liegt die Parallele zu den Knickkontrolleuren. Sie selbst tun etwas , wozu sie kein Recht haben, und umgeben sich dennoch mit dem Heiligenschein (man beachte die sprachliche Nähe zu dem Wort scheinheilig) desjenigen, der nur Gutes tut.

Die Bioläden verhalten sich im Zusammenhang mit den Kontrollen recht unterschiedlich. Grob kann man sie in drei Gruppen einteilen. Da gibt es zunächst die, die ihre Kunden gar nicht aufklären. Weiter gibt es Händler, die sich durch eine offene und gute Aufklärung ihrer Kunden ehrlich um eine Behebung der Missstände bemühen. Schließlich gibt es dann auch noch Händler , die ihre Kunden auf eine Weise vor den Kontrollen warnen, bei der man unweigerlich an Autofahrer denkt, die andere Fahrer durch Blinkzeichen vor Geschwindigkeitskontrollen warnen. Es ist schon interessant, sich die Läden vor diesem Hintergrund einmal näher anzusehen.

Bleibt nur zu ergänzen, dass Kontrolle und Verfolgung nicht dasselbe sind. Seit 1991 sollen nach einer Umfrage in 530 Kommunen bisher nur 15.000 Mark Bußgeld wegen Verstößen gegen die Verpackungsverordnung verhängt worden sein. Das wären pro Kommune und Jahr ganze 5,66 Mark. So hat sich denn das DSD auch schriftlich bei den Umweltministern der Länder beschwert.

Die Praxis, die Sünder nur lax zu verfolgen, so heißt es in den Briefen, von denen einer auch bei Minister Steenblock liegen muss, führe zu schwerwiegenden Wettbewerbsverzerrungen. Wettbewerbsverzerrungen deswegen, weil bestimmten Leuten bestimmte Dinge als ökologisch besonders wertvoll erscheinen ? Das kommt uns doch bekannt vor ?!