Nr. 5 vom 1. Februar 1997

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

"Jugendliche erwarten von Pastoren und Kirchenvertretern klare Aussagen zur Religion und persönliche Bekenntnisse zu ihrem christlichen Glauben. Gesellschaftliche Fragen und Stellungnahmen der Kirche etwa zur Ökologie, zu Frieden und Gerechtigkeit oder gar zu Lebensformen treten dahinter zurück".

Dies ist das Fazit eines Jahresberichts eines jungen Hamburger Pastors. Und dieses Fazit hat Gewicht, denn es beruht nicht auf den Worten irgendeines Pastors. Es geht hier um den Jahresbericht von Jörn Möller, der in der nordelbischen Kirche speziell für Jugendseelsorge und weltanschauliche Fragen zuständig ist. Kirche müsse eine zugewandte, glaubwürdige und durchaus werbende Darstellung des christlichen Glaubens verstärken, so Möller.

Im Schwerpunkt geht es dem Jugendpastor um "aktuelle kirchliche Äußerungen" zu Ehe, Familie und andere Lebensformen, die für viele Jugendliche "einfach absurd" wirkten. Die erfrischenden kritischen Worte eines jungen Pastors werden breitere Zustimmung gefunden haben als viele in Kirchenkreisen annehmen dürften. Man kann seine Thesen auf die einfache Formel bringen, dass die Kirche sich auf das beschränken sollte, wofür sie wirklich und in erster Linie zuständig ist. Auch so manchem Bauern wird Möller damit aus der Seele gesprochen haben, selbst wenn die Bauern nicht seine eigentliche Klientel sind.

In den Dörfern wird sein Hinweis auf die Ökologie besondere Resonanz finden. Hört man doch von den Bauern immer wieder Kritik an ihrer Kirche, sie solle sich in erster Linie um den christlichen Glauben kümmern und nicht die Zeit damit zubringen "uns sagen zu wollen, wie wir Landwirtschaft zu machen haben".

Um Missverständnisse vorzubeugen, die Bauern sind außerordentlich aufgeschlossen, wenn es um die Notwendigkeit geht, landwirtschaftliche Produktion in ökologischer Hinsicht immer weiter zu verbessern. Aber sie trauen es sich und ihrer Beratung zu, dafür den erforderlichen landwirtschaftlichen Sachverstand selbst zu haben. Sie sind in dieser Hinsicht auf Unterstützung derer, die nicht Landwirtschaft sondern Theologie gelernt haben, nicht angewiesen. Von denen erwarten sie, dass sie sich vorrangig zu theologischen Fragen äußern.

Das heißt nicht, dass die Bauer über Fragen der Ökologisierung der Landwirtschaft nicht auch gerne einmal mit ihrem Pastor sprechen. Wenn dann aber auf der theologischen Seite nicht mehr kommt als die Forderung auf flächendeckende Umstellung auf den ökologischen Landbau, ist ihnen dies einfach zu wenig. Und sie sind auch nicht bereit, bestimmte Hinweise der Pastoren als Ersatz für landwirtschaftlichen Sachverstand zu nehmen, wie z.B.: "Ich habe in meiner Kindheit in der Nachbarschaft eines Bauern gelebt" oder "ich war 10 Jahre Gemeindepastor in dem Bauerndorf sowieso".

So einfach ist die Sache nicht. Wenn es so einfach wäre, bräuchten wir schlicht unser gesamtes landwirtschaftliche Ausbildungssystem nicht. Nein, den landwirtschaftlichen Sachverstand sollten diejenigen einbringen, die das Fach gelernt haben, praktisch und theoretisch. Diese Forderung unserer Bauern im Verhältnis zur Kirche ist mehr als berechtigt. Vielleicht hat Pastor Möller ihnen geholfen, der Forderung Nachdruck zu geben.

Und noch ein bescheidener – weil unzuständiger – Hinweis aus Sicht der Landwirtschaft: Wenn wir glauben sollen, muss uns auch irgendwer überzeugend sagen, warum. Kritik an der Führung des landwirtschaftlichen Betriebes ist dafür jedenfalls nicht ausreichend.