Nr. 31 vom 2. August 1997

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Auf S. 259 des Syntheseberichts zum Nationalpark Schleswig - Holsteinisches Wattenmeer geht es um die Jagd im Nationalparkgebiet. Es wird dort die Auffassung vertreten, für die Jagd im Nationalpark gebe es keine biologischen Gründe. Wir wollen diese Aussage hier nicht näher untersuchen, obgleich sie einem wirklich mehr als eigenartig vorkommen muss; denn, warum sollen die biologischen Gründe für die Bejagung bestimmter Tierarten hier nicht gelten, nur weil ein bestimmter Schutzstatus geregelt wurde. Der Schutzstatus ist von Menschenhand gemacht und verändert deshalb wohl kaum die biologischen Rahmenbedingungen, zumal es Jagd im Wattenmeer seit Menschengedenken und sicherlich noch länger gab, auch als alles noch so "schön extensiv" war. Nein, um eine detaillierte biologische Erörterung soll es hier nicht gehen.

Beschäftigen sollte uns aber die Bestimmtheit, mit der gesagt wird, es gäbe "keine Gründe dafür". Wohlgemerkt, sie sagen nicht, dass sie nach Abwägung aller dafür und dagegen sprechenden Gründe zu dem Ergebnis kommen, die Jagd im Nationalpark sei abzulehnen. Nein, "Gründe dafür" bestreiten sie schlicht deren Existenz, obgleich von jagdfachlicher Seite nicht wenige vorgebracht worden sind.

Interessant ist es dann, wie diese zutiefst intolerante Ansicht begründet wird. Um es vorwegzunehmen, dies geschieht, indem einer der möglichen "Gründe dagegen" vorgebracht wird. Kinder pflegen gelegentlich so zu argumentieren. In einem Papier mit wissenschaftlichem Anspruch darf so etwas nicht passieren, schon gar nicht, wenn ein solches Papier auch noch den hochtrabenden Namen Synthesebericht trägt. Das ist nicht Synthese, sondern Totschlagargumentation, wenn vorweg von den Gegenübern These und Antithese, sie sind Voraussetzung für eine Synthese, schlicht einer erschlagen wird.

Sehen wir uns den "Grund dagegen" einmal näher an. Es heißt wörtlich: "Jagd macht Tiere scheu. Die Scheu vor dem Jäger übertragen die Tiere auf den Menschen in der Landschaft."

Sie haben richtig gelesen: Vom Jäger auf den Menschen wird die Scheu übertragen. Sie wollen und mögen das nicht zu Ende denken? Gut, tun wir es gemeinsam. Wir können diesen Satz nur so deuten, dass nach Ansicht der Autoren des Syntheseberichts die Jäger nicht zu den Menschen gehören. Zunächst sprechen diese angeblichen Wissenschaftler der jagdlichen Seite entgegen den vorliegenden Tatsachen ab, "Gründe dafür" vorgebracht haben oder vorbringen zu können. Und dann grenzen sie die Jäger auch noch auf eine geradezu unerträgliche Weise aus.

Auch wenn sie geschrieben hätten "... Scheu vor den Jägern übertragen die Tiere auf die übrigen Menschen...", wäre die Sache von der Argumentationsweise her haarsträubend. Dann könnte man aber jedenfalls für die Zukunft Hoffnung auf einen sachlicheren Dialog haben. So, wie hier geschehen, ist die Formulierung beleidigend und man kann eigentlich nur dann gemeinsam weitermachen, wenn die Formulierung zum Flüchtigkeitsfehler erklärt wird. Es wäre nicht auszudenken, wenn diese Formulierung ernsthaft und mit voller Absicht entstand.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Vorurteile offensichtlich tief sitzen. Man hat eine vorgefasste Meinung und verficht diese mit allen Mitteln. So haben wir es bei der Schafbeweidung auch erlebt. Zur Sache der Jagd: wenn der beste Naturschutz die Kopie archaischer Nutzungsformen ist, macht es wenig Sinn, ausgerechnet auf eine der ältesten Nutzungsformen zu verzichten. Warum wohl stellen Naturschutzprogramme meist solche Kopien dar?