Nr. 48 Vom 29. November 1997

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Es gibt Leute, die fälschlich jede Nitratauswaschung aus dem Boden mit einer Bodenschädigung gleichsetzen. Nun gibt es bei uns fast ausschließlich Böden, die keineswegs geschädigt sind, sondern in ihren Bodenfunktionen in den letzten Jahrzehnten immer besser geworden sind. Nehmen wir z.B. einen windgefährdeten Acker auf der leichten Geest aus der Zeit der frühen 50er Jahre, als zudem die Nährstoffversorgung knapp war und der Humusgehalt - womöglich noch bei 15 cm Pflugfurche - gering. Aus Acker wurde Grünland, es gab Windschutzpflanzungen, die Erosionsgefährdung ging gegen Null, die Nährstoffversorgung wurde verbessert und der Humusgehalt gar verdoppelt. Es gibt heute nicht den geringsten Grund anzunehmen, hier sei ein Boden geschädigt. Gleichwohl kann es auch unter einem solchen Boden kurzzeitig zu verstärktem Auftreten von Nitrat kommen, und das auch durchaus auf unvermeidbare Weise. Nun gibt es Leute, die auch in einem solchen Fall von einer Schädigung des Bodens reden. Fachlich ist das völliger Unsinn. Es ist sogar dann Unsinn, wenn die Auswaschung vermeidbar gewesen wäre, solange jedenfalls, wie sich an der Funktion "Filterkraft des Bodens" nichts negativ verändert hat. In der Praxis hat die Filterkraft überwiegend sogar zugenommen, allein schon durch die Erhöhung der Ackerkrumentiefe.

Noch größer wird der Unsinn, wenn allein schon negative Stickstoffbilanzen als Indiz für Bodenschädigung genommen werden. Wer mit Stickstoff umgeht, kann Verluste nicht vermeiden. In einem der bekanntesten Lehrbücher zum Bodenschutz heißt es hierzu: "Aufgrund der zahlreichen am N- Kreislauf beteiligten Prozesse ist nur mit einer Ausnutzung der N- Düngemittel von ca. 50% zu rechnen". Meist ist es bei höheren Stickstoffverlusten auch keineswegs die Auswaschung, sondern der Austrag über den Luftpfad. Er hat mit Bodenschädigung also insoweit wirklich nicht das Geringste zu tun, schon begrifflich nicht. Soweit es bei den Austrägen in die Luft um Ammoniak geht, ist das natürlich auch ein Umweltproblem, nur eben von ganz anderer Art. In Schleswig - Holstein, wo die Ammoniakgehalte des Niederschlages in Hauptwindrichtung abnehmen und nicht etwa zunehmen, ist dieses Umweltproblem eher gering.

Es handelt sich hier schlicht um einen unsauberen Umgang mit Begriffen, eine in unseren Tagen verbreitete neue Form von "Verschmutzung". Gekrönt werden solche Unsauberkeiten oftmals noch dadurch, dass selbst die völlig unproblematischen Austräge in Form von elementarem Stickstoff (N2) aus der Denitrifikation mit herhalten müssen. Sogar offizielle Vertreter u.a. der schleswig-holsteinischen Landesregierung schrecken davor nicht zurück. Sie rechnen den elementaren Stickstoff bei ihren Darstellungen der Gesamtstickstoffverluste unerwähnt, also quasi heimlich, mit ein.

Spricht man in Diskussionen dieses Problem der Denitrifikation an, kontern andere gerne mit dem dabei ebenfalls anfallenden Lachgas (N2O). Schauen wir auch hierzu einmal in die Lehrbücher, was selbst nach einem abgeschlossenen Hochschulstudium manchmal nicht schaden kann: Wir lesen dort, dass allein 90% des in die Erdatmosphäre abgegebenen N2O aus den Weltmeeren stammen, und dass vom Festland die kalten und gemäßigten Zonen einen vergleichsweise geringen Beitrag leisten. Aber auch für den, der N2 gerne verschweigt und vom Schreckensstoff N2O nicht lassen kann, haben wir etwas aus den Lehrbüchern: Die N2O - Bildung wird durch höhere Temperaturen, hohe Wassergehalte und Verdichtung gefördert, so lesen wir dort; und weiter lesen wir, dass sie stets weniger als 10% der N2 - Entbindung ausmacht, auch unter Verhältnissen, die für die N2O - Bildung besonders günstig sind. Wer also das N2O - Problem höher hängt, relativiert damit automatisch das "Umweltproblem" negativer Stickstoffbilanzen entsprechend stärker. Haben Sie es gemerkt? Vom Thema Bodenschädigung sind wir inzwischen weit entfernt. Die Verbesserung der Stickstoffbilanzen aber sollten wir den Landwirten selbst überlassen, sie verstehen am meisten davon.