Nr. 1 / 2 vom 10. Januar 1998

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Umfangreiche Kampagnen gibt es immer wieder gegen den Einsatz der Gentechnologie in der Nahrungsproduktion. Auch in der zurückliegenden Vegetationsperiode sind wieder gentechnische Feldversuche gewaltsam zerstört worden, und bei Greenpeace hat man den Eindruck, dass die Attacken gegen die Gentechnologie diese Organisation geradezu am Leben erhalten. Bedenkt man, wie selbstverständlich der Einsatz dieser neuen Techniken seit Jahren in der Medizin ist, kann man es nur schwer verstehen, dass derart mit zweierlei Maß gemessen wird. Auch an dieser Stelle haben wir schon versucht, dafür eine Erklärung zu finden. Eine mögliche Erklärung kann unter Umständen darin gesehen werden, dass im Falle z. B. des gentechnisch erzeugten Insulins es heute schon keine Alternativen mehr gibt. Aus den Bauchspeicheldrüsen von Schlachttieren ließen sich die heute benötigten Mengen an Insulin nicht mehr gewinnen, während es Nahrungsmittel zumindest bei uns in ausreichender Menge gibt.

Zu diesem Erklärungsansatz passt allerdings nicht, dass heute bereits die Hälfte aller Enzyme, die in der Lebensmittelproduktion auf der Verarbeitungsstufe eine Rolle spielen, gentechnisch veränderten Mikroorganismen entstammen. Ob es um die Erzeugung von Brot und Backwaren geht, um die Herstellung von Bier und Wein oder um Fruchtsäfte und Milchprodukte, Enzyme aus der Herstellung mit gentechnischen Augen, wenn man erlebt, dass erklärte Gegner der Gentechnologie blumige Erklärungen zur Umsetzung der AGENDA abgeben. Sie tun so, als wenn sie zu den Verfechtern der AGENDA gehören, bekämpfen sogar andere, die sich mit dem Inhalt der AGENDA wirklich identifizieren und haben offensichtlich selbst nicht gemerkt, dass sie dem Inhalt nach eindeutige Gegner der Vereinbarung von Rio sind.

Von diesen Menschen müssen wir doch wohl ein Mindestmaß an Ehrlichkeit verlangen können. Wo sind die Demonstrationen von Greenpeace gegen die AGENDA? Wo sind die Reden grüner Minister gegen dieses Dokument? Was soll man davon halten, wenn sie keine Reden dagegen halten und sogar Veranstaltungen zur "Umsetzung der AGENDA" durchführen lassen, auf denen auch ansonsten alle möglichen Tatsachen verdreht werden? So war es unlängst nicht leicht, das Ziel der flächendeckenden Extensivierung aus einem der Arbeitspapiere zu einer derartigen Veranstaltung herauszubekommen. Wohlgemerkt: In der AGENDA steht das genaue Gegenteil. Dort heißt es, dass bis zum Jahre 2050 die Nahrungsproduktion auf dieser Erde verdoppelt werden muss und wörtlich: ". . . die Landwirtschaft muss intensiviert werden, damit die künftige Nachfrage nach landwirtschaftlichen Erzeugnissen gedeckt und ein weiteres Vordringen auf marginale Standorte und empfindliche Ökosysteme verhindert werden kann . . .".