Nr. 7 vom 14. Februar 1998

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

In mehreren Blättern der sogenannten linken Presse wurde in jüngster Zeit über eine Studie der Autoren Waibel und Fleischer berichtet, die der Öffentlichkeit noch nicht vorliegt, und in der es um angebliche Schäden durch den chemischen Pflanzenschutz gehen soll. Es wird ein Gesamtbetrag von 252 Mio. DM genannt. Der Haupttenor der Berichterstattung liegt jedoch auf der Tatsache, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium als Auftraggeber die Studie noch nicht veröffentlicht hat. Es geht um die angebliche Unterdrückung der Wahrheit. Was ist an dieser Geschichte dran? Eine erste Fassung der Studie soll schon vor längerer Zeit dem BML vorgelegt worden sein. Es gibt aber auch Informationen über schwere fachliche Mängel, man hört von mehr als 300 Änderungsvorschlägen. Und, was das wichtigste ist: Das BML hindert die Autoren dem Vernehmen nach nicht daran, die Studie selbst zu veröffentlichen. Nach vorliegenden Informationen soll das Werk demnächst in einem Buchverlag erscheinen. Offensichtlich will das BML sich nur nicht zu sehr mit einer fachlich mangelhaften Arbeit in Verbindung bringen lassen. Von der Biologischen Bundesanstalt (BBA) soll das BML in dieser Einschätzung Unterstützung haben.

Aber nun zur Sache selbst: Nach allem, was bisher durchgesickert ist, geht es u.a. um Kosten der Krebsrisiken durch Pflanzenschutzmittel. Derartige Kosten sind aber aus der Luft gegriffen. Mittel mit Krebs erzeugenden Wirkungen werden nicht zugelassen. Diverse renommierte Institute, u.a. die BBA, haben sich zu dieser Thematik gerade in jüngster Zeit klar geäußert. Das Bonner Institut für Landwirtschaft und Umwelt (ILU) hat diese Dinge in ihren "green-facts" der vorletzten Woche zusammengestellt.

Der größte Teil des genannten Geldbetrages soll auf die, wie es wohl bei Waibel heißt, "Trinkwasserverschmutzung durch Pestizide" zurückgehen. Eine Trinkwasserverschmutzung

durch Pflanzenschutzmittel in Deutschland gibt es aber gar nicht. Jedenfalls gibt es keine gesundheitlichen Gefahren durch Pflanzenschutzmittel im Trinkwasser, sondern nur überstrenge Grenzwerte ohne toxikologische Relevanz. Wir leisten uns den Luxus, nach Stoffen zu suchen, von denen in bisher gefundenen Konzentrationen keinerlei Gefahren ausgehen. So aufgewandte Geldmittel unter der Überschrift "Schäden durch Pflanzenschutzmittel" abzuhandeln, ist schon recht eigenwillig, ebenso wie der Ansatz für die Lebensmittelüberwachung. Noch eigenwilliger ist es, die Forschungskosten von angeblich 66

Mio. DM als Schaden zu bezeichnen.

Geradezu lächerlich wird es, wenn 10 Mio. DM dem Rückgang der Artenvielfalt zugerechnet werden. Abgesehen davon, dass es keine Beweise dafür gibt, dass jemals ein Art totgespritzt wurde, lohnt es sich, die Größenordnung anzusehen. 10 Mio. DM entsprechen bei 18 Mio. ha einem Geldbetrag von 56 Pfennig pro ha. Wie kommt man zu solchen Zahlen? Angeblich sollen sie auf Umfrageergebnissen beruhen, bei denen es um die Bereitschaft von Menschen in Stadt und Land ging, selbst Geld für den Artenschutz aufzubringen. Der Betrag von 10 Mio. DM würde danach über Zusammenhänge mit dem Pflanzenschutz nichts aussagen. Andererseits scheint er zu belegen, dass verglichen mit Kosten für Umweltauflagen in der Landwirtschaft der Artenschutz den Menschen in den Städten wurscht ist, wenn man die Frage aufs Portemonnaie des Befragten bezieht. Nicht zuletzt im Interesse der Autoren kann man nur hoffen, dass die bisher durchgesickerten "Fakten" unzutreffend sind. Eines schließlich scheinen die Autoren ganz übersehen zu haben, dass es nämlich weit höhere Wohlfahrtswirkungen durch den Pflanzenschutz gibt. Die Autoren Schmitz und Hartmann haben 1993 hierzu folgendes gesagt: Eine pauschal erzwungene Reduzierung der Agrarchemikalien würde die "Gesamtwohlfahrt" in Deutschland 3,9 Mrd. DM (50 %ige Reduktion) bzw. 7,5 Mrd. DM (75 %ige Reduktion) und obendrein zwischen 98000 und 430000 Arbeitsplätzen kosten (Ebenfalls nachzulesen in den "green-facts" des ILU).