Nr. 11 vom 14. März 1998

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Die Böden würden zunehmend mit Giftstoffen belastet, jährlich werde eine Pestizid-Wirkstoffmenge von 35000 Tonnen auf die deutschen Äcker ausgebracht und in Schleswig-Holstein gebe es einen Überschuss von 120 Kilogramm Stickstoff je Hektar Boden. So war es in einigen Zeitungen als wiedergegebene Äußerung eines "Experten" des BUND zu lesen. In einer großen Sonntagszeitung wurde er zitiert, in Schleswig-Holstein habe sich die

Qualität des Grundwassers verschlechtert, seit 1990 seien wegen der hohen Belastung mit Pflanzenschutzmitteln 20 Grundwasserbrunnen geschlossen worden. Für einen "Experten" ist das ziemlich viel Falsches auf einmal.

Die Wirkstoffmenge in Deutschland ist nicht etwa zunehmend, sondern abnehmend. Der Anteil der Stoffe, die dabei überhaupt einer Giftklasse angehören, ist sogar drastisch rückläufig, er liegt inzwischen unter 15%. Die Grundwasserqualität in Schleswig-Holstein hat sich nicht wirklich verschlechtert, die Belastungen mit Pflanzenschutzmitteln aus der Behandlung auf dem Feld sind auch nicht etwa ein zunehmendes sondern ein auslaufendes Problem, was inzwischen selbst vom Umweltbundesamt registriert worden ist. Die bisherigen Schließungen waren nicht Folge hoher Belastungen sondern unnötig strenger Grenzwerte, die so streng sind, dass sie selbst die Werte der Weltgesundheitsorganisation teilweise um mehrere Zehnerpotenzen übertreffen. So stellen sich die Äußerungen des "Experten" als das Gegenteil der Wahrheit dar. Der Stickstoffüberschuss "je ha Boden" ist zu hoch angegeben und enthält überwiegend Anteile, die nicht das Grundwasser betreffen: Anreicherung des Bodenvorrats, unproblematische Ausgasungen in elementarer Form, Ausgasungen in Form von Ammoniak, die zwar problematisch für die Atmosphäre sein Können, aber nicht für das Grundwasser. Der für das Grundwasser relevante Anteil ist so gering, dass die Zahl 120 ebenfalls schon das Gegenteil der Wahrheit darstellt.

Anlass der Äußerungen des "Experten" war der Entwurf eines Gesamtplanes Grundwasserschutz in Schleswig-Holstein, den er heftig kritisiert. Dem Kieler Umweltministerium als Herausgeber des Gesamtplans warf er vor, es wolle sich nicht mit der "starken Agrarlobby anlegen". Lag der "Experte" in der Sache schon gründlich daneben, macht er sich nun sogar lächerlich. Aus der Sicht der Landwirtschaft ist der Kieler Plan nämlich so heftig zu kritisieren, dass man sich fragt, wie der "Experte" zu einer solchen Äußerung kommt. Das meiste, von dem, was wir dem "Experten" vorwerfen, müssen wir auch an dem "Gesamtplan" bemängeln. In einer Stellungnahme des Bauernverbandes ist es detailliert aufgeführt: Die Belastungen aus der Landwirtschaft werden in Anbetracht der positiven Gesamtsituation des Grundwassers in Schleswig-Holstein überzeichnet und unangemessen dargestellt. Tatsächlich hat sich die Situation beim Grundwasser in Schleswig-Holstein nicht verschlechtert. Sie ist besser als anderswo und in den letzten Jahren nicht schlechter geworden. Nach allem, was man heute weiß, ist die Gefahr für das Grundwasser aus Pflanzenschutzmitteln in landwirtschaftlicher Nutzung ein auslaufendes Problem. Es werden praktisch nur noch Mittel gefunden, die nicht mehr in der Anwendung sind, und dies mit deutlich abnehmender Tendenz.

Es ist geradezu haarsträubend, auf welche Weise in dem Plan Andeutungen über mögliche Gefährdungspotentiale gemacht werden. Dort, wo die wirklichen Belastungswerte genannt werden, finden sich für die Andeutungen keine Bestätigungen. Es wird die Behauptung aufgestellt, dass die Landwirtschaft fast alleiniger Verursacher der Ammoniakemissionen sei. Dieses ist eindeutig falsch, ebenso wie der Hinweis, dass der Eintrag von Stickstoff in die oberirdischen Gewässer zu 90% aus landwirtschaftlichen Nutzflächen stammt. Die hierzu benutzte Quelle wird von den Autoren des Entwurfs verfälscht.