Nr. 18 vom 2. Mai 1998

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Aus, wie es in seinen Presseverlautbarungen hieß, ungenannten Gründen hatte vor gut einem Jahr der Greenpeace-Chef Burkhard Gnärig nach nur sechsmonatiger Amtszeit seinen Posten aufgegeben. Jüngst nun wurde der Posten wieder neu besetzt, mit einem Mann, der Theologie,

Finanzwissenschaften und Pädagogik studiert hat. Walter Homolka heißt der neue Mann, der von einer Zeitung unter der Überschrift "Ein Rabbiner kämpft für den Regenbogen" vorgestellt wurde. Offensichtlich ist das das typische Anforderungsprofil der Ausbildung eines Greenpeace-Chefs. Homolka hat Bücher über Ethik und über Geldanlagen geschrieben, er war Investmentbanker bei der bayerischen Hypobank und ging danach in das Verlagswesen. Der ehrenamtliche Rabbiner war u.a. kaufmännischer Leiter der Verlage Siedler und Knaus in Berlin. Greenpeace hat Probleme, und die soll Homolka lösen; das Spendenaufkommen der Organisation ist 1997 gegenüber dem Vorjahr um 1,2 Mio. DM auf 68,7 Mio. DM zurückgegangen. Es gab einige Flops in jüngerer Zeit. Allen voran die völlige Fehleinschätzung und unnötige Panikmache um die Bohrinsel Brentspar. Die Bohrinsel enthielt im Gegensatz zu Greenpeace-Behauptungen nur geringe Rückstände giftiger oder kontaminierter Metalle und schon gar keine Giftfässer. Es befanden sich auch nur noch rund 100 Tonnen Erdöl an Bord, Greenpeace hatte seine Kampagne mit 5000 Tonnen geführt. Paul Horseman von der britischen Greenpeace-Sektion hatte dazu gesagt: "Es geht nicht um genaue Mengenangaben, sondern ums Prinzip." (Man stelle sich vor, Shell hätte so argumentiert). Die Meeresforscher Evan Nisbet und Mary Fobler waren zu einem für Shell positiven Ergebnis gekommen. Unter bestimmten Umständen können bei der Versenkung von Bohrinseln oder Schiffen sogar wertvolle Riffe für die Unterwasserfauna entstehen. In den USA versenken Umweltschützer Bohrinseln und abgerüstete Panzer eigens zu diesem Zweck.

Und auch Greenpeace hat seinem ausgemusterten Rainbow-Warrior Flaggschiff vor einigen Jahren zum Abschied eine feierliche Versenkung im Meer spendiert. Für Greenpeace war die Aktion um Brentspar ebenso wie einige andere "dumm gelaufen". Vor längerer Zeit hatten wir an dieser Stelle die früheren Zahlen zur Finanzsituation von Greenpeace gebracht. Unter den Umweltorganisationen zieht Greenpeace bei weitem den größten Teil der Spendengelder auf sich. Von den ca. 70 Mio. DM entfallen ca. 60 Mio. DM allein auf Deutschland. Für alle anderen Umweltorganisationen bleiben zusammen noch etwa 60 Mio. DM übrig. Der Verteilungskampf ist hart, deswegen verfügen alle über eine wache PR-Abteilung. An das System Greenpeace kommen sie dennoch nicht heran, es funktioniert nämlich genau umgekehrt: Die einen sind Organisationen mit angeschlossener PR-Abteilung, Greenpeace ist

eine PR-Abteilung mit angeschlossener Organisation. Und so war der Haupttenor auch bei Homolkas ersten Erklärungen: Die Organisation will mit "kompromisslosen Aktionen auf Missstände hinweisen." Dass die Mitglieder bei Greenpeace kein Mitbestimmungsrecht haben, hält er für durchaus in Ordnung und erklärt dazu: "Wir können hier nicht basisdemokratisch arbeiten." Die Mitglieder bei Greenpeace haben also ganz offensichtlich nur eine Aufgabe, sie dürfen zahlen, u.a. für das Jahresgehalt Homolkas, das nach Zeitungsmeldungen 170000 Mark jährlich betragen soll. In einem Punkt waren Homolkas erste Erklärungen übrigens ausgesprochen geschickt. Während den Grünen in letzter Zeit wegen ihrer Äußerungen zum Benzinpreis die Wähler weggelaufen sind, hat er auf eine Frage zu diesem Thema gesagt: "Vor der Bundestagswahl wird man von mir dazu nichts hören." Er passt also auf, dass ihm nicht die Spender und Mitglieder als Geldgeber weglaufen. Vielleicht will er auch nicht dazu beitragen, dass der Erosionsprozess bei den Grünen noch weiter beschleunigt wird, denn immerhin sind das seine Multiplikatoren.