Nr. 26 vom 27. Juni 1998

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Durch eine vom World Wide Fund For Nature (WWF) in Auftrag gegebene Umfrage werde es "belegt", so formuliert der WWF in einer Presseerklärung, 70% der Deutschen wollen mehr Nationalpark. Die Umfrage wurde vom Meinungsforschungsinstitut Emnid durchgeführt, so dass man den zu Tage geförderten Zahlen sicherlich trauen darf. Etwas anderes sind die Bewertungen, die der WWF auf Grund der Zahlen vornimmt.

Der WWF sieht durch die Umfrage sein Engagement für starke und großflächige Nationalparks bestätigt. Den Erweiterungsvorschlägen für den Nationalpark "Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer" werde hierdurch Nachdruck verliehen. Hierzu muss man sich den stolzen Hinweis des WWF auf die Herkunft der Befragten ansehen. 2000 Personen von Bayern bis Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein seien befragt worden, aus der Sicht des auf Repräsentativität verpflichteten Variationsstatistikers ist das durchaus eine gute Nachricht. Für die hier gestellte Frage hätte allerdings eine Umfrage an der schleswig-holsteinischen Westküste besseres Zahlenmaterial geliefert. Am besten wäre es gewesen, nur diejenigen Menschen zu befragen, die an der Westküste ihr Geld in Landwirtschaft, Fischerei,

Handel und Gewerbe verdienen müssen. Hätte man die Frage nach der Bedeutung der Ranger z.B. nur den Bewohnern der Insel Amrum gestellt, wäre auch wohl kaum eine Zustimmung von 91% der Befragten herausgekommen.

"Die Umfrageergebnisse widerlegen Behauptungen einzelner Interessengruppen, Nationalparke würden wirtschaftliche Nachteile für die Regionen bringen oder gar Arbeitsplätze kosten", sagt ein sogenannter WWF-Experte laut Pressemitteilung sogar. Das genau leisten die Umfrageergebnisse aber nicht. Es wird zwar angeführt, dass nach der Umfrage 72% der Deutschen ihren Urlaub bevorzugt dort verbringen, "wo man sich für den Schutz der Natur durch einen Nationalpark entschieden hat". Unterlassen wird es aber, diese Lippenbekenntnisse durch einen vergleichenden Blick auf die Urlaubsstatistik zu überprüfen. Jedermann weiß, dass die Wirklichkeit anders aussieht. Hier geht es um das gleiche Phänomen, wie bei Umfragen nach der Neigung, Produkte aus ökologischem Anbau zu kaufen. Die Leute sagen schlicht nicht die Wahrheit, sie geben die Antwort so, wie sie meinen, dass der Fragende sie gerne hören möchte. Interessant ist es dabei am Rande auch, dass 72% ihren Urlaub bevorzugt im Nationalpark verbringen, und sogar 90% der Befragten beim Urlaub im Nationalpark Einschränkungen durch den Nationalpark unterstützen. Mindestens 18% der Befragten scheinen hier also an Einschränkungen für andere zu denken.

Dasselbe gilt natürlich für die Angaben der Befragten zu ihrer angeblichen Bereitschaft, zur Finanzierung der Nationalparke durch eine "Naturtaxe" beitragen zu wollen. 82% der Befragten hätten die Bereitschaft geäußert, pro Person und Tag mehr als 0,50 DM bezahlen zu wollen und 43% sogar mehr als 1 DM, sagt WWF. Rechnen wir es doch einmal hoch: 72% wollen angeblich Urlaub im Nationalpark machen, das sind bezogen auf die in Deutschland lebende Bevölkerung 58 Mio. Menschen. Wenn 43% von ihnen bei vier Wochen Urlaub im Jahr täglich eine Mark bezahlen, kommen etwa 700 Mio. Mark zusammen. Nehmen wir die Zahlungsbereitschaft der 50-Pfennig-Leute noch hinzu, ist es gar eine Milliarde. Die Zahlen

zeigen, dass das Ganze nur eine Illusion ist. Und für die Nationalparkregionen ist es auch besser so. Die Vorstellung, die Leute kämen wirklich in diesen Massen, wird man wohl getrost als furchtbar bezeichnen können.

So bleibt die Frage, was die vom WWF stolz herausgegeben Zahlen wirklich aussagen. Die WWF-Leute selbst werden es wissen. Aber wenn sie gerade auf dem Propagandafeldzug sind, nehmen sie es nicht so genau.