Nr. 28 vom 11. Juli 1998

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Weg vom Wasser hatten sie sich bewegt und hinein in den Kuhstall. Nach Schlauchbootumkreisungen an der Hamburger Waterkant und Schiffsblockaden im Rotterdamer Hafen deutete nun der erhobene Öko-Zeigefinger von Greenpeace mitten hinein in den Kuhstall. "Kühe, die mit gentechnisch verändertem Soja gefüttert werden, produzieren mehr Milchfett als beim Verzehr von natürlichem Soja", lautet der Greenpeace-Vorwurf und der daraus gezogene Schluss: "Die Gentechnik arbeitet unpräzise und verändert auch andere Eigenschaften der Sojabohne als die gewollten, die europäischen Behörden müssen die Zulassung von gentechnisch hergestelltem Soja in Europa zurücknehmen."

Warum gab es die ganze Aufregung? Monsanto hatte als "Erfinder" der Roundup-Ready Sojabohne eine Fütterungsstudie mit drei Versuchsgruppen von Milchkühen (insgesamt 36 Kühe, also zwölf Kühe pro Gruppe) im Sommer 1996 im Journal of Nutrion veröffentlicht. Die mit traditionellem Soja gefütterten Kühe der Versuchsgruppe 1 kamen auf einen Milchfettgehalt von 3,37%, die Kühe in den beiden mit Roundup-Ready Soja gefütterten Versuchsgruppen auf Gehalte von 3,62 und 3,59%. Wer die Schwankungen beim Milchfettgehalt in einer normalen Kuhherde kennt, wundert sich über derartige Unterschiede nicht. Allenfalls wundern wir uns über das insgesamt niedrige Niveau dieser amerikanischen Versuchskühe; aber das ist eine andere Sache.

Solche geringen Unterschiede sind auch nach Ansicht von Versuchsfachleuten Zufallsschwankungen, wie sie in jeder Kuhherde vorkommen. Für das Robert-Koch-Institut ist die Erklärung für die Milchfett-Zunahme ganz einfach: die Kühe der Kontrollgruppe 1 – mit "normalem Soja" gefüttert – hatten geringfügig weniger Futter aufgenommen, gaben etwas weniger Milch und hatten auch etwas weniger Fett in der Milch. Sowohl Milchmenge als auch Fettgehalt lagen im Rahmen ermittelter Werte und waren in ihren Unterschieden statistisch nicht auffällig. In der Presseerklärung des Robert-Koch-Instituts hieß es hierzu: "Die mit dem gentechnisch veränderten Sojabohnen gefütterten Kühe haben bei der Futteraufnahme etwas mehr gefressen und daher auch etwas mehr Milch abgegeben." Einen Zusammenhang mit der gentechnischen Veränderung der Sojabohnen erkennt das Robert-Koch-Institut nicht.

Die von Greenpeace ins Gerede gebrachte Fütterungsstudie war Bestandteil der Zulassungsanträge für Roundup-Ready Soja in den USA und in der EU und wurde von den Zulassungsbehörden geprüft und akzeptiert. Dazu kommt noch ein Qualitätsmerkmal der Studie: In den USA werden vor Veröffentlichung in einer Fachpublikation noch einmal Verfahren, Methoden und Ergebnisse einer solchen Untersuchung von unabhängigen Wissenschaftlern überprüft. So etwas vermittelt zusätzlich Seriosität.

Auffällig an der Verunsicherungskampagne der Öko-Experten von Greenpeace ist hingegen, dass sie sich erst mehr als eineinhalb Jahre nach der ersten Veröffentlichung zu dieser Studie äußerten. Plötzlich entdeckten sie Anhaltspunkte "für unerkannte Wirkungen auf den Menschen". In der Hand hatten sie für ihre Behauptungen nicht mehr als die Leistungsunterschiede der Versuchskühe. So gewann man wieder einmal den Eindruck, dass sie krampfhaft nach dem Stoff für eine Kampagne gesucht hatten, um die Spendenaktivitäten ihrer Geldgeber anzukurbeln. Gebracht hat ihnen diese Kampagne jedoch nicht den gewünschten Erfolg. Die Akzeptanz für Gentechnologie in der Landwirtschaft, die im Ausland stets besser war als bei uns, steigt nun auch in Deutschland. Und so finden wir die Greenpeace-Aktivisten schon wieder auf dem Wasser, diesmal soll es in die Irische See gehen. Nach der Castor-Story versprechen sie sich offenbar jetzt wieder mehr von der Kernenergie, bzw. von deren Bekämpfung.