Nr. 29 vom 18. Juli 1998

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

In der Mehrzahl eine andere Ursache als die ordnungsgemäße Ausbringung in der Landwirtschaft haben die bisher nachgewiesenen Funde von Pflanzenschutzmitteln im schleswig-holsteinischen Grundwasser, so liest man es in einem Aufsatz des Pflanzenschutzfachmannes Dr. Rexilius aus dem Amt für Ländliche Räume Kiel. In einem bei der Landwirtschaftskammer Kiel schon im Februar 1998 erstellten Heft, das erst jetzt verbreitet wurde, ist es nachzulesen.

Lediglich zwei "historische" Fälle langfristiger Grundwasserkontamination als Folge normaler Pflanzenschutzmittel-Applikation seien dokumentiert, das 1,2-Dichlorpropan im Baumschulgebiet des Kreises Pinneberg und das Atrazin auf der Insel Föhr, so Rexilius. Auf Föhr, so Rexilius weiter, sei seit 1995 kein Atrazin im Grundwasser mehr nachgewiesen worden. Vom 1,2-Dichlor-propan wissen wir, dass es seit 10 Jahren nicht mehr in der Anwendung ist, also auch dort ein auslaufendes Problem. Rexilius äußert sich im übrigen sehr prägnant zu der tatsächlichen Gefährdungslage beim Atrazin: "Am Beispiel des im März 1991 verbotenen Herbizid-Wirkstoffs Atrazin lässt sich zeigen, wie schnell eine hochwirksame Substanz (bezogen auf ihre Zweckbestimmung), deren gesundheitliche Unbedenklichkeit und Umweltverträglichkeit in über 30 Jahren weltweiter intensiver Forschungsarbeit nachgewiesen worden ist, aus eher irrationalen Erwägungen denn wissenschaftlich begründet – möglicher- weise unwiderruflich – ,abgeschossen’ werden kann."

Es soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass der Pflanzenschutzexperte aus dem ALR sich kritischer zur Lage der Verunreinigung von Oberflächengewässern mit Pflanzenschutzmitteln äußert, dort ist die Welt also weniger in Ordnung. Gleichzeitig macht er aber auch deutlich, dass diese Probleme sich vermeiden lassen. Den Pflanzenschutzanwendern im Lande ist ein kurzer, gut lesbarer Leitfaden zugegangen, in dem 13 klare und knappe Hinweise die Kenntnisse über die möglichen Vermeidungsstrategien vermitteln. Nun zurück zum Grundwasser. In der Schrift der Landwirtschaftskammer kommen auch Vertreter des Kieler Umweltministeriums zu Wort. Einer von ihnen weiß es ganz genau. Er spricht von einem verstärkten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und der Folge der Belastung des Grundwassers. Darüber, dass in den letzten Jahren in ganz Deutschland nicht mehr Pflanzenschutzmittel eingesetzt wurden, als vor der Wende allein in den alten Bundesländern, erfahren wir von ihm nichts. Bei ihm ist es dann auch nicht nur die Föhrer Geest, sondern es sind vage "jene Geestgebiete, wo verstärkt Mais angebaut wird". Die im Baumschulgebiet vorgekommenen Bodenbehandlungen gegen Nematoden mit problematischen Mitteln stellt er so dar, als wenn sie immer noch andauern. Den Vogel abgeschossen hat er jedoch mit seinen Mengenangaben. 6% der Messstellen, so schreibt er, hätten Belastungswerte von mehr als 0,1 Milligramm pro Liter aufgewiesen. Das kann man getrost als Diskriminierung der Baumschuler mit dem Fehlerfaktor 1000 bezeichnen oder als Übertreibung um 100000 %.

Der Aufsatz sollte nach seinem Titel Strategien für zukünftigen Grundwasserschutz beschreiben. Dazu hätte es für Pflanzenschutzmittel gereicht, auf das geltende Recht zu verweisen. Und doch ist der Aufsatz in einem wichtigen Punkt außerordentlich aufschlussreich: Geahnt haben wir es schon immer, dass die Leute, die sich so vehement für die Trinkwassergrenzwerte einsetzen, den Unterschied zwischen Milligramm und Mikrogramm nicht kennen. Jetzt haben wir es schriftlich. Aber, was soll man auch von einem Ministerium erwarten, das ein Landschaftsprogramm für das Land Schleswig-Holstein herausgibt, in dem Simazin als Hauptbelastungsstoff des Baumschulgebiets bezeichnet wird, obgleich es das wirklich nicht ist (s.o.). Es lief nach dem Motto: "Wenn man sich eine unumstößliche Meinung gebildet hat, braucht man sich mit der Sache nicht mehr zu befassen".