Nr. 32 vom 8. August 1998

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Bei der Auftaktveranstaltung zur Agenda 21 im Herbst 1996 gab Umweltminister Steenblock durch seine Eröffnungsrede zu erkennen, dass er die Agenda zu dem Zeitpunkt noch nicht gelesen hatte. Er schloss sich der Bewertung des Wuppertalinstituts an, wonach die Agenda die flächendeckende Umstellung auf den ökologischen Landbau bis zum Jahr 2010 propagiere. Bedenkt man, dass das Wort ökologischer Landbau in der Agenda gar nicht vorkommt, und dass sich zum Stichwort "ökologische Landwirtschaft" ganze fünf Zeilen in einem Werk von 300 Seiten finden, dass aber der integrierten Düngung, dem integrierten Pflanzenschutz und der Gentechnologie umfangreiche Kapitel gewidmet werden, musste dies einigermaßen dumm auffallen. Der Minister scheint inzwischen dazu gelernt zu haben, in der

Landtagsdebatte vom März diesen Jahres hörte es sich schon ein wenig anders an.

Andere lernen offenbar nichts hinzu. Während in der Agenda 21 die Gentechnologie (in der deutschen Übersetzung heißt es "Biotechnologie durch vom Menschen vorgenommene Veränderungen der Desoxiribonukleinsäure") ausdrücklich propagiert wird als Mittel "zur möglichst optimalen Steigerung der Erträge", sprechen Vertreter des BUND immer noch von der "überflüssigen Gentechnik" in der Landwirtschaft. Sie distanzieren sich damit inhaltlich von der Agenda, und man muss sich fragen, wieso sie eigentlich an Veranstaltungen teilnehmen, die das Ziel haben, die Gedanken der Agenda zu verbreiten.

Die Begründung der Agenda für die positiven Aussagen zur Gentechnologie leitet sich aus der Tatsache her, dass die landwirtschaftliche Nutzfläche auf der Erde unter ökologisch vertretbaren Bedingungen nicht vermehrbar ist, die Erdbevölkerung sich aber noch einmal verdoppeln wird. Alle Methoden, die geeignet sind, dieses Problem zu lösen, wurden von den 178 Agenda-Staaten von Rio herausgestellt, darunter die Gentechnologie mit besonders großen Textanteilen.

Vertreter des Bauernverbandes haben sich die Überlegungen der Agenda zu eigen gemacht und sie wiederholt auf Veranstaltungen der jüngeren Zeit vertreten. Selbstverständlich ist es das gute Recht des BUND sich hierzu kritisch zu äußern, auch wenn die Kritik in der Sache nicht berechtigt ist. Nicht zu akzeptieren ist es allerdings, wenn der BUND sich nicht etwa sachlich mit der Meinung der Bauernverbandsvertreter auseinandersetzt, sondern zu plumper Polemik greift. Man fühlt sich an die Kampagne von BUND, LNV, Grünen und NABU gegen die Kritik der Landwirtschaft am Entwurf des Landschaftsprogramms erinnert, wenn man die Begründung der "Umweltschützer" für ihre Meinung liest. Das Stichwort Welternährung, so heißt es, falle von seiten der Bauernverbandsvertreter immer dann, wenn "ihnen die Argumente ausgehen".

Dann folgt vom BUND eine Scheinargumentation, indem zutreffende Gründe für gegenwärtigen Nahrungsmangel aufgezählt werden: Wassermangel, schlechte Böden, Klima, Bürgerkriege und schlechte Ausbildung. Argumente gegen die unangreifbare These von der Notwendigkeit, die Flächenerträge bei einer sich verdoppelnden Erdbevölkerung verdoppeln zu müssen, finden sich nicht. Statt dessen wird eine handfeste Polemik hinterher geschoben. Die Industrie verwende das Argument "Sicherung der Welternährung durch Gentechnik". Der

Bauernverband vertrete das Argument der Industrie und mache sich dadurch "immer mehr zum Sprachrohr der Agrochemieriesen". Diese Art, andere Meinungen in Misskredit zu bringen, kommt uns doch bekannt vor?