Nr. 35 vom 29. August 1998

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Die Entscheidung, ob gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden dürfen, trifft das Robert-Koch-Institut in Berlin im Einvernehmen mit dem Umweltbundesamt und der Biologischen Bundesanstalt. Deshalb wundert es nicht, wenn das Robert-Koch-Institut auch Adressat der verschiedensten Anfragen zu diesem Bereich ist. Eine der Anfragen war dort unlängst auch vom Deutschen Imkerbund (DIB) eingegangen. Die Imker hatten sich mit der Frage befasst, ob womöglich Honig zu kennzeichnen sei, der von Bienenvölkern stamme, die in ihrem Einzugsbereich Rapsflächen mit gentechnisch veränderten Pflanzen haben.

Zu dieser Frage ist eine ganze Reihe von Aspekten zu beachten. Das Ergebnis ist: eine Kennzeichnungspflicht besteht nicht. Einer der wichtigsten Punkte aus der Antwort des Robert-Koch-Instituts sei nachfolgend zitiert: "Es ist davon auszugehen, dass Pollen im Honig zum Zeitpunkt des Verkaufs/ Verzehrs auf Grund der hohen Zuckerkonzentration keine lebenden Zellen mehr sind... Zum Zeitpunkt des Verkaufs/Verzehrs von Honig sind darin befindliche Pollen nicht als Organismen zu bezeichnen; sie sind zu diesem Zeitpunkt nicht befähigt, sich zu vermehren oder genetisches Material zu übertragen. Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen sind also zum Zeitpunkt des Verkaufs/Verzehrs von Honig keine gentechnisch veränderten Organismen und damit außerhalb des Regelungsbereichs des Gentechnikrechts."

Das Robert-Koch-Institut hat auch darauf hingewiesen, dass jede Entscheidung über die Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen eine Einzelentscheidung sei, und dass es in jedem Einzelfall um die Frage gehe, ob schädliche Einwirkungen auf Leben und Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen sowie auf die sonstige Umwelt in ihrem Wirkungsgefüge zu erwarten sind. Für die Imker ist auch dies eine klare Antwort, die sie beruhigt sein lassen kann, nicht nur wegen evtl. Vermarktungsrisiken.

Zur weiteren Absicherung ihrer Position haben die Imker darüber hinaus Gespräche mit Greenpeace geführt. Für den einen oder anderen mag dies bezeichnend für das Bewusstseinsumfeld sein, in dem wir uns gegenwärtig befinden. Das Wort der zuständigen Behörden reicht offensichtlich nicht mehr in jedem Fall aus und Greenpeace wird damit zu einer Art Oberbehörde. Aus der Sicht der Imker war es aber wohl ein kluger Schritt, auch diese Flanke abzusichern. Und auch hier hatten sie den gewünschten Erfolg. Auch von Greenpeace erhielten sie die Aussage, eine Kennzeichnung des Honigs sei nicht erforderlich. Für die Imker ist die Welt also rundum in Ordnung. Und doch ist etwas faul an dem Votum von Greenpeace, nämlich die dazu abgegebene Begründung: "Es muss keine Kennzeichnung des Honigs erfolgen, wenn die gentechnisch veränderten Organismen (Pollen) ,unbeabsichtigt’ oder ,unvermeidbar enthalten sind".

Bezüglich der Risikolage scheint Greenpeace den Honig also nicht anders zu beurteilen als Fälle, in denen auch das Robert-Koch-Institut eine Kennzeichnung verlangen würde. Diese Ansicht ist zwar falsch, würde sie aber konsequent verfolgt, hätte die Entscheidung für eine Kennzeichnung ausfallen müssen. So muss man den Eindruck gewinnen, dass es Greenpeace gar nicht um die Risiken bzw. den Schutz des Verbrauchers geht. Die Gentechnik an sich ist nach ihrer Ansicht übel. Wichtig ist nicht die Beschaffenheit des Produktes sondern die Einstellung des Produzenten. Es geht Greenpeace nicht um den Verbraucherschutz, sondern nur um die Bekämpfung der Gentechnologie als solcher. Das wird man getrost als ideologisch motiviertes Handeln bezeichnen können. Sicherlich ungewollt, haben die Imker uns mit ihrer Anfrage auch in diesem Punkt zusätzliche Klarheit verschafft.