Nr. 41 vom 10. Oktober 1998

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Die Hamburger Umweltbehörde hatte jüngst zu einer Tagung über umwelt-relevante Fragen zur Zukunft der Hamburger Landwirtschaft eingeladen. Am Anfang stand ein beachtenswerter Beitrag aus dem Umweltbundesamt, u. a. mit der Aussage, der Integrierte Landbau sei der Regellandbau der Zukunft, der Anteil der Betriebe des ökologischen Landbaus solle dabei aber weiter erhöht werden. Zum Schluss sprach ein Praktiker, der aus seiner persönlichen Betroffenheit heraus ein eher düsteres Bild über Entscheidungen von Politik und Behörden zeichnete.

In diesen Rahmen eingefügt waren zwei wissenschaftliche Vorträge. Prof. Breitschuh aus Thüringen stellte ein Modell vor, das für jeden Einzelfall eine Bewertung der ökologischen Leistungen zulässt und das er an zwei landwirtschaftlichen Betrieben exemplarisch testete. Er arbeitete dabei heraus, dass man sowohl im ökologischen als auch im konventionellen Landbau, bei jedem Betrieb anders, Kriterien mit positiven ebenso wie solche mit negativen Aspekten finde.

Es müsse darum gehen, für jeden Einzelfall zu einer Gesamtbewertung zu kommen. Breitschuh fand damit bei dem eher großstädtischen Publikum generell große Beachtung, wobei es teils Zustimmung teils aber auch Ablehnung gab. Die ablehnenden Stimmen stammten erkennbar von denjenigen Teilnehmern der Tagung, die Breitschuhs Vorredner, der Bonner Prof. Köpke offensichtlich vorher in seinen Bann gezogen hatte.

Köpke hatte als das Ergebnis eines Vergleichs zwischen ökologischem und konventionellem Landbau dem einen pauschal ein positives und dem anderen pauschal ein negatives Zeugnis erteilt. Dabei stützte Köpke, der immerhin über ein von der Hansestadt Hamburg in Auftrag gegebenes Gutachten zu berichten hatte, seine Überlegungen im wesentlichen nicht auf Erhebungen aus Hamburg. Offensichtlich hatte er hauptsächlich Daten aus der Literatur aus-gewählt, zu denen er wiederholt beteuerte, sie seien allgemein anerkannt und, wie er formulierte, "hart". Das behauptete er sogar für seine Aussagen zur Energiebilanz. Auch bei der klassischen Schwachstelle des ökologischen Landbaus kam er zu einer positiven Bewertung. Zunächst wahrheitsgemäß verwies er darauf, dass der Energieaufwand beim ökologischen Landbau niedriger ist als beim konventionellen. Dieses Phänomen ist allgemein bekannt und geht hauptsächlich darauf zurück, dass im konventionellen Landbau fast die Hälfte des Energieaufwandes auf den mineralischen Stickstoffdünger entfällt, auf den der ökologische Landbau verzichtet. Auf eines verzichtete jedoch auch Köpke, nämlich auf Zahlen zum Energieertrag. Man stelle sich das einmal bei der Ermittlung von finanziellen Erfolgsrechnungen vor. Dann hätte der kleine Bäcker an der Ecke dank seiner geringeren Kosten ein besseres finanzielles Ergebnis als die größten Konzerne.

Auf diesen Mangel angesprochen sagte Köpke, bei einer anderen Veröffentlichung habe er durchaus die Energieerträge berücksichtigt. Warum tat er es also hier nicht? Dann verwies er darauf, dass Teile der Bodenerträge als Viehfutter verwendet und damit energetisch verschwendet würden. Eine brauchbare Begründung dafür, die gesamten Erträge in der Bilanz schlicht wegzulassen, ist das nicht. Denn es geht beim Futter nur um einen Teil der Ernte und niedrige energetische Wirkungsgrade gibt es woanders auch. Außerdem haben auch Fleisch und Milch einen Energiewert, selbst wenn der niedriger ist als der des verwendeten Futters. Schließlich stellte Köpke seinem Kritiker in der Diskussion die naive Gegenfrage: "Wie wollen sie den Energiewert von z. B. Rosen ansetzen?" Die Hamburger Umweltbehörde wäre gut beraten, Köpkes Gutachten gründlich darauf zu untersuchen, ob es auch an anderen Stellen vergleichbar "weich" ist. Von den anwesenden Landwirten fiel in diese Richtung so manche Bemerkung, und bei der Überprüfung von Köpkes Thesen helfen sie sicherlich gerne.