Nr. 49 vom 5. Dezember 1998

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Es gibt Menschen, die meinen, sich mit der Agenda 21 zu beschäftigen, wenn sie in Schleswig-Holstein Maßnahmen zur Verbesserung oder Sicherung der Grundwasserqualität ergreifen. Um Missverständnissen vorzubeugen, selbstverständlich wollen wir die Spitzenstellung unseres Landes in der Grundwasserqualität nicht nur sichern, sondern, wenn es geht, noch ausbauen. Und dort, wo es Probleme gibt, wollen wir sie lösen. Aber mit der Agenda 21 hat das praktisch nichts zu tun. Bei der Frage des Trinkwassers sagt die Agenda zunächst, dass in den Entwicklungsländern 80 % aller Krankheiten und über ein Drittel aller Todesfälle auf den Genuss verseuchten Wassers zurückzuführen sind. Dann bestimmt die Agenda ihr Trinkwasserziel: Für jeden Stadtbewohner täglich 40 Liter hygienisch unbedenklichen Wassers; ein bescheidenes Mengenziel und ein noch bescheideneres Qualitätsziel, und doch ist es für unendlich viele Menschen auf dieser Erde zur Zeit noch ein Traum. Mit dem Geld für einen tiefen Brunnen oder eine Aufbereitungsanlage irgendwo südlich der Sahara kann man viele Menschenleben retten. Die Verringerung von 10 mg/l Nitrat auf 5mg/l bei einem schleswig-holsteinischen Wasserwerk bringt in dieser Hinsicht nichts, bei uns nicht und in Afrika schon gar nicht. Für uns hat die Agenda 21 andere Themen parat, die Vermeidung der Energieverschwendung und die Verringerung der Abfallmengen z.B. und natürlich das Thema der Hilfe für die Entwicklungsländer. Zwischen dem bei uns vorherrschenden sogenannten Vorsorgedenken und den wirklich großen Problemen dieser Erde gibt es manchmal Welten. Hierzu noch ein anderes Beispiel: Millionen von Menschen in

Entwicklungsländern leiden an einem Mangel an Vitamin A. Nachtblindheit bis hin zum dauerhaften Verlust des Sehvermögens, zu Schwächungen des Immunsystems und zur Unfähigkeit, Eiweiß zu verdauen sind vielfach die Folgen. Dr. Ganesh Kishore, Leiter des Geschäftsbereiches Ernährung bei der Firma Monsanto, kündigte zu diesem Thema jüngst folgendes an: "Wir glauben, dass wir einen preiswerten und praktischen Weg gefunden haben, um Menschen mit hochwertigen Nährstoffen zu versorgen, die sich weder Gemüse noch Vitaminpräparate leisten können, die aber regelmäßig Rapsöl zu sich nehmen". Es geht dabei um Raps, dem ein Gen eines Bodenbakteriums eingefügt wurde. Das aus diesem Raps gewonnene Öl soll mehr Beta-Karotin (Vorstufe des Vitamins A) enthalten, als alle anderen Pflanzenöle und Gemüsesorten. Ein Teelöffel davon, so Kishore, decke bereits den Vitamin-A-Tagesbedarf eines Erwachsenen. Es ist davon auszugehen, dass die Spenden-planer von Greenpeace sich auch darauf einschießen werden. Sie schießen auf alles, was sich gentechnologisch bewegt. Eines sei ihnen vorweg gesagt: Diejenigen Menschen, die sich Gemüse leisten können, nehmen im Zweifel über die anhaftenden Bodenbakterien mehr von den hier angesprochenen Genen auf, als es zukünftig beim Verzehr des neuen Rapsöls der Fall

sein würde. Und noch eines: Die These, die Gentechnologie sei bei der Lösung der zukünftigen Welternährungsprobleme eine überflüssige Technologie, ist aus vielen Gründen falsch. Einer der Gründe liegt darin, dass die größten Entwicklungshemmnisse in der Dritten Welt in Armut und Krankheit zu suchen sind. Jeder Beitrag zur Lösung dieser Probleme ist ein positiver Beitrag zur Ernährung einer sich noch einmal verdoppelnden Erdbevölkerung. Eines ist jedenfalls unter Entwicklungswissenschaftlern gesicherte Erkenntnis, und hier sei Prof. Braun aus seinem Vortrag vom Landesbauerntag 1996 zitiert: "Vor zwei Jahren hat ein

Wissenschaftler namens Fogel den Nobelpreis bekommen. Er hat u.a. die Überwindung von Hunger und Armut in Europa untersucht. Sie erfolgte nicht, wie so oft unterstellt, in dieser Reihenfolge: ,erst reich geworden und dann besser ernährt’, sondern Zug um Zug genau anders herum: ,erst besser ernährt ...und gesünder... und dadurch reicher geworden’. Nur gut ernährte... und gesunde... Menschen können richtig produktiv arbeiten".