Nr. 1 vom 9. Januar 1999

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Die deutsche Wiedervereinigung hat im Osten vielen Menschen Vorteile gebracht. Was weniger bekannt ist, auch die Hühner haben davon profitiert. Die Normmaße für Legehennenkäfige lagen in der DDR unter den EU-Maßen und mussten angepasst werden. Es mussten neue Käfige angeschafft werden, die alten wurden nach Polen verkauft. Die dort jetzt kostengünstiger erzeugten Eier werden teilweise in die Europäische Union exportiert. Zu diesem Vorgang hat der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft lakonisch mitgeteilt, dem "Tierschutz sei damit schwerlich gedient". Nein, dem Tierschutz ist damit nicht gedient. Als die Käfighaltung in der Schweiz verboten wurde, stieg der Anteil der in die Schweiz importierten Eier aus Käfighaltung anderer Länder. Obgleich man versuchte, durch Zölle dem zu begegnen, konnte der Anstieg der Importraten nicht gänzlich unterbunden werden. Auch dort war insoweit dem Tierschutz also "schwerlich gedient". Es ist einfach, Veränderungen zu fordern. Weniger einfach ist es, einen vernünftigen gangbaren Weg zu finden.

Der Deutsche Bauernverband hat sich die Behandlung dieser Frage niemals leicht gemacht. Intensiv mitgearbeitet hat er z.B. in der Arbeitsgruppe "Haltungssystem Legehennen". Zusammen mit Vertretern der Eiererzeuger, der Herstellerfirmen von Hühnerhaltungssystemen, der Wissenschaft sowie mit Tierschutzreferenten der Ministerien wurden Vorschläge entwickelt, die man vorzeigen kann (wir berichteten über die technischen Details der einzelnen Vorschläge). Favorisiert wurde eine modifizierte Käfighaltung, die die Verhaltensansprüche der Tiere weitgehend erfüllt. Ein Verbot der Käfighaltung wurde abgelehnt, zumal es bei Abwägung aller Vor- und Nachteile auch an der Boden und Freilandhaltung einiges auszusetzen gab. Die Vorfahren unseres Haushuhns stammten aus dem thailändischen Urwald, wo sie in kleinen ! Gruppen im schattigen Unterholz lebten. Es ging aber nicht nur um technische Einzelheiten. Während an den schweizerischen Grenzen Eierzölle rechtlich möglich sind, ist dies an den Grenzen Deutschlands zu den EU-Partnerländern nicht zulässig. Derartige Zölle sind also nicht nur zweifelhaft in ihrer Wirkung, sie sind schlicht unmöglich. Die Konsequenz liegt klar auf der Hand: Wenn es Veränderungen geben soll, müssen diese EU-weit einheitlich eingeführt werden. Und, wie das Beispiel Polen zeigt, ist es damit noch nicht einmal getan. Die erarbeiteten Vorschläge zu größeren Käfigen mit vertikaler Strukturierung und Rückzugsmöglichkeiten zur Eiablage bedingen eine Verteuerung der Produktion um schätzungsweise 2 bis 4 Pf pro Ei. Der Hinweis, Mehrpreise in dieser Größenordnung seien dem Verbraucher ohne weiteres zuzumuten, ist zweifellos richtig. Und dennoch geht er am Problem vorbei. Mit 2 bis 4 Pf handelt es sich beispielsweise auch um genau die Beträge, die bisher den Frachtkosten von Amerika nach Deutschland entsprachen und damit Eier aus den Vereinigten Staaten vom deutschen Markt fernhielten. Ein wirksamer EU-Außenschutz ist also eine der Mindestvoraussetzungen für Reformen. Das wird schwierig.

Aber auch eine EU-weit einheitliche Einführung neuer Normen ist durchaus kein Selbstgänger. Bei einem Blick über die deutschen Grenzen reicht es nicht aus, nur nach Österreich oder Dänemark zu schauen. Es gibt auch Länder, in denen die gegenwärtige Batteriehaltung weitgehend unumstritten ist, und in denen fast 100% aller Eier aus dieser Haltungsform stammen, wie z.B. Italien. In dem Land, in dem jährlich ebenso viele Lerchen - bei uns Vogel des Jahres - abgeschossen werden, wie in Deutschland überhaupt leben, sieht man so manches anders. Und auch in Finnland, wo es zwar intensive Diskussionen zu dem Thema gibt und sogar ein Verbot der Batteriehaltung ernstlich erwogen wird, stammen gegenwärtig noch 99% aller Eier aus der Batteriehaltung mit Käfigabmessungen, die für größere Hennen knapper sind als in Deutschland.