Nr. 4 vom 30. Januar 1999

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

"Ceterum censeo, Carthaginem esse delendam." Zu deutsch: "Im übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss." Diesen Ausspruch tat der ältere Cato im Alten Rom nicht nur bei passenden, sondern auch bei jeder nur denkbaren unpassenden Gelegenheit. Ob er über den Bau eines neuen Stadions sprach, über die Versorgung der Bürger mit Brot oder über Themen der Dichtkunst, am Ende hieß es stets "Ceterum censeo . . .". Cato hatte sich in die Idee der Notwendigkeit einer Stärkung der römischen Macht durch Auslöschung der konkurrierenden Macht auf der anderen Seite des Mittelmeeres so verrannt, dass er den Blick dafür verlor, ob entsprechende Hinweise gerade passend oder eben nicht passend waren. So geht es heute vielen, wenn sie über die ökologische Rolle der Landwirtschaft sprechen. Kürzlich gab es ein Interview in einem Wochenmagazin mit zwei Wissenschaftlern zum Thema "Einschleppung von fremden Arten". Eine Fülle interessanter Beispiele kam zur Sprache, das Interview war wirklich lesenswert. Durch Bilder ergänzt und

dadurch besonders herausgestellt wurden vier Fälle, die hier exemplarisch wiedergegeben werden sollen: Als erstes ging es dabei um die hierzulande bekannte lange des Riesenbärenklaus, nicht zuletzt wegen seiner Giftigkeit. Weiter wurde das Grauhörnchen gezeigt, das stellenweise, insbesondere in Großbritannien, das heimische rote Eichhörnchen verdrängt. Danach ging es um die aus Kanada eingeschleppte Bisamratte, zu deren Dezimierung es bei uns schon die umfangreichsten Programme gegeben hat. Zuletzt ging es um die Agakröte in Australien, die dort für die Zuckerrohrbauern zur echten Plage geworden ist, die aber auch die freie Natur und u. a. den Kakadu-Nationalpark bedroht. Im Text wurden

zahlreiche weitere Beispiele gleicher Art angesprochen, die hier nicht alle referiert werden können.

Bemerkenswert ist nur noch der Schluss des Interviews, wo einer der beiden klugen Männer sagt: "Die wahre Ursache der explosiven Vermehrung einiger fremder – und auch heimischer – Arten ist doch die Landwirtschaft. In Mitteleuropa werden gegenwärtig 100 Kilogramm Stickstoff zuviel ausgebracht . . ." Wie er das aus den vorher diskutierten Beispielen herleitet, wird sein Geheimnis bleiben. Oder hatten die beiden bis dahin gänzlich an der Sache vorbei geredet? Sie waren sich ansonsten total uneinig, aber hier stimmte der zweite kluge Mann zu: "In puncto Landwirtschaft gebe ich Ihnen ja recht . . ." In einer weiteren Bemerkung ließ er dann erkennen, dass er wohl doch schon einmal mit landwirtschaftlichem Sachverstand entfernt in Berührung gekommen sein könnte: "Aber Sie können nicht alles auf den Stickstoff reduzieren. Gegen das eine zu sein, schließt den Kampf gegen das andere nicht aus."

Zusammengenommen gilt für beide: "Ceterum censeo . . ." und hier "agriculturam esse delendam". Zur Sache mit dem Stickstoff ist allein schon die Formulierung bezeichnend: "100 Kilogramm . . . zuviel ausgebracht . . ." Wenn wir in den Nährstoffvergleichen auf Stickstoffüberschüsse dieser Größenordnung stoßen, handelt es sich meist um Betriebe mit großen Anteilen organischer Düngemittel. Davon ist vielleicht auch das eine oder andere Kilogramm "zuviel" ausgebracht, weil – aus welchen Gründen auch immer und vielleicht sogar wegen unzureichenden Pflanzenschutzes – der Ernteertrag hinter den bei Aufstellung des Düngeplans erwarteten Erträgen zurückbleibt. Der größte Teil der von den beiden klugen Leuten anvisierten Mengen jedoch geht auf das Konto der unvermeidbaren Stickstoffverluste.

Nicht ohne Grund sieht die Düngeverordnung bei Gülle Lagerverluste von zehn Prozent und Ausbringungsverluste von 20 Prozent vor und bei Festmist noch mehr. 30 Prozent sind bei zwei Dungeinheiten à 80 kg immerhin schon 48 kg. In der Praxis ist das nur unter sehr günstigen Verhältnissen einhaltbar. Was z. B. die Nässe des Jahres 1999 so alles zusätzlich gebracht hat, wissen wir heute noch gar nicht.