Nr. 18 vom 8. Mai 1999

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Von den Kritikern der Anwendung von Gentechnologie im Pflanzenbau wird als Argument gerne auf das angebliche Problem der Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen durch die gegen den Maiszünsler resistenten Maissorten verwiesen. Es heißt, dass beim Verzehr von dem sogenannten Bt-Mais das darin ebenfalls befindliche Gen für Resistenz gegen Ampicillin im Verdauungstrakt auf Bakterien übergeht. Dadurch würden diese Bakterien resistent und das Ampicillin verliere so seine gesund machende Wirkung. Nun sprechen aber alle heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse dafür, dass es derartige negative Auswirkungen auf die medizinische Behandlung von Mensch oder Tier nicht geben wird. Der Magen bildet eine natürliche Barriere, die mit der Nahrung aufgenommene Gene inaktiviert, indem er sie verdaut. So ist die Wahrscheinlichkeit, dass intakte Gene überhaupt in den Darm gelangen, schon sehr gering. Ebenfalls sehr unwahrscheinlich ist es nach allen vorliegenden Erkenntnissen, dass "durchgerutschte" Gene im Darm von Bakterien aufgenommen werden.

Ja, selbst wenn diese Unwahrscheinlichkeiten einmal kombiniert stattfänden, würde sich an der heutigen Situation überhaupt nichts ändern. Den Kritikern muss man nämlich nicht nur vorwerfen, dass sie Risiken, die tatsächlich nahe bei Null liegen, unnötig aufbauschen. Schlimmer noch dürfte es sein, dass sie die Gefahr von vornherein falsch beschreiben und dadurch Angst überhaupt erst möglich machen. Es geht nämlich gar nicht um die Gefahr, dass resistente Bakterien entstehen. Das Resistenzgen gegen Ampicillin ist in der Natur schon seit ewigen Zeiten weit verbreitet. Der Erzüchtung resistenter Maissorten bedurfte es hierzu wirklich nicht. Einzelne resistente Bakterien stellen grundsätzlich keine Gefahr dar. In Wirklichkeit geht es um die Gefahr der Bildung resistenter Stämme von Bakterien. Das ist der Vorgang, auf den sich vernünftigerweise nur Befürchtungen richten können. Gegen Antibiotika resistente Bakterienstämme entstehen nicht durch das Vorhandensein einzelner resistenter Bakterien. Solche gefährlichen Stämme entstehen durch die Verwendung des Antibiotikums. Bei Einsatz des Mittels werden die nichtresistenten Bakterien getötet, so dass der Anteil der resistenten sich im Bakterienstamm anreichert. Hier gibt es seit Jahren einen Wettlauf zwischen der Herausbildung von Resistenzen und der Entwicklung neuer Mittel. Leider wird immer noch der Fehler gemacht, dass Antibiotika abgesetzt werden, wenn der Patient sich besser fühlt, obgleich die Verordnungszeit noch nicht abgelaufen ist. Man hat eben grundsätzlich etwas gegen "Chemie". Kommt es dann zu Rückschlägen, ist im Bakterienrestbestand der Anteil der resistenten angereichert. Entsprechend schwerer ist der Rückschlag zu bekämpfen und entsprechend gefährlicher für andere Menschen ist die "Bazillenschleuder" im Wiederholungsfall. Wenig Schlagzeilen machte es übrigens in jüngster Zeit, als die Wissenschaftler endlich sagen konnten, dass die Mikroben gerade dabei sind, im Wettlauf mit der Medizin ihren Vorsprung zu verlieren. Gute Nachrichten haben es eben etwas schwerer, zur Schlagzeile zu werden.

Zum Schluss noch eine Anmerkung aus Sicht Norddeutschlands. Bei uns gibt es den Maiszünsler nicht, und deshalb gibt es auch keinen Bedarf für Bt-Mais. Die Verwendung zünslerresistenter Sorten in den Befallsregionen wird die Wahrscheinlichkeit außerdem kräftig erhöhen, dass es das Problem bei uns auch zukünftig nicht geben wird. Fachleute erwarten nämlich, dass der Umfang der Befallsregionen sich nicht mehr erhöhen, sondern zurückgehen wird. Und noch eines wird eintreten: Die Verringerung des Einsatzes von Insektiziden bekommt einen ent-scheidenden neuen Impuls, und dies gleich auf zweifache Weise. Zum einen wird dort weniger gespritzt, wo die neuen Sorten zum Einsatz kommen, und zum anderen wird das Zünslerproblem wegen der Durchbrechung der Befallsketten insgesamt verringert.