Nr. 21 vom 29. Mai 1999

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

In Diskussionen zwischen Gegnern und Befürwortern der Anwendung von Gentechnologie in der Landwirtschaft gibt es ein Grundmuster, das man immer wieder vorfindet. Die Befürworter haben die harten Fakten und Aussagen der Agenda auf ihrer Seite, u.a. die ohne Gentechnik unlösbare Aufgabe, schon in wenigen Jahrzehnten doppelt so viele Nahrungsmittel erzeugen zu müssen wie heute. Die Gegner bestreiten dies zunächst, aber ohne nennenswerte Argumente. Nein, im Bereich der Chancen der neuen Technologie haben sie den klaren Aussagen der Agenda 21 wirklich nichts Brauchbares entgegenzusetzen. Die These, die Anwendung der Gentechnologie in der Landwirtschaft sei unnötig, kann nur von Leuten vertreten werden, die den Inhalt der Agenda 21 nicht kennen.

Deshalb verlagern die Gegner sich auch zunehmend auf Betrachtungen zu den Risiken. Dagegen ist grundsätzlich auch nichts einzuwenden, denn bei einer abgewogenen Diskussion geht es nicht nur um Chancen, sondern auch um Risiken. Mit Betrachtungen zu den Risiken können die Gegner bei offenen und noch unentschiedenen Diskussionsteilnehmern regelmäßig auch mehr Eindruck machen. Wie an dieser Stelle erst kürzlich am Beispiel der angeblichen Gefahr von Antibiotikaresistenzen bleibt bei näherem Hinsehen jedoch auch von den Risiken so gut wie nichts übrig. Es kommt regelmäßig heraus, dass es das beschriebene Risiko zwar tatsächlich gibt, dass es aber un-gerechtfertigt der Gentechnologie zugeschrieben

wird. So gibt es beispielsweise Antibiotikaresistenzen, aber keine die speziell durch Gentechnologie erzeugt werden. Heute soll es hier um ein anderes Beispiel dieser Art gehen. In den USA sind im Jahre 1989 nach Einnahme eines Tryptophan-Präparates mehrere Menschen an dem sogenannten Eosinophilie-Myalgie-Syndrom gestorben. Das Präparat wurde von der japanischen Firma Showa-Denko mit Hilfe gentechnisch veränderter Bakterien hergestellt. Soweit die Fakten, die die Gegner vortragen, wenn sie das Argument bringen, und sie sagen noch nicht einmal etwas Unwahres. Ein für die Gesamtbeurteilung wichtiges Faktum verschweigen sie jedoch.

Die Japaner hatten das frühere Verfahren nicht nur durch die Einführung der Gentechnologie,

also durch den Austausch des Bakterienstammes, verändert. Gleichzeitig änderten sie auch das Aufbereitungsverfahren. Sie ließen schlicht gegenüber vorher einen Reinigungsschritt weg und reduzierten die Menge der eingesetzten Aktivkohle auf weniger als die Hälfte. So blieben Verunreinigungen in höheren Konzentrationen zurück, als es früher der Fall war. Unter anderem geht es hier um ein Nebenprodukt mit dem Namenskürzel EBT, das mit der Auslösung der Krankheit in Zusammenhang zu bringen ist.

Klar ist, dass die Firma ihre Sorgfaltspflicht verletzte, als sie ein bewährtes Produktionsverfahren durch ein neues ersetzte, ohne das Endprodukt erneut sorgfältig zu testen. Die gentechnische Veränderung des Produktionsstammes dafür verantwortlich zu machen, ist jedoch wissenschaftlich nicht belegbar. Wer mit solchen Beispielen operiert, um Ängste zu schüren, verfährt nach dem Motto: Auch wenn man ein Glas mit Wasser ausleert, bleiben einige Tropfen hängen.

Selbstverständlich lohnt es sich, auch über solche Tropfen zu diskutieren. Ein sorgfältiger Mensch muss möglichst alle relevanten Aspekte berücksichtigen. Es lohnt sich aber nicht, wenn man es mit Leuten zu tun hat, denen es nur um die Tropfen sowie deren Wirkung geht und um den Gesamtinhalt des Glases nicht.