Nr. 25 vom 26. Juni 1999

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Als bei einer Auswertung von Bildern, die in Süddeutschland von Schulkindern gemalt worden waren, in großer Zahl lila Kühe auftauchten, wurde es ganz deutlich. Die Menschen unserer Zeit machen sich große Teile ihres Lebensbildes auf Grund von Darstellungen des Fernsehens, bevorzugt der Werbung. So nimmt es nicht Wunder, dass wirksame Werbung ihrerseits immer wieder in den alten Fahrspuren eingefahrener Klischees aktiv wird. Aus Sicht der Landwirtschaft können wir es beklagen, aber auch unsere Werbefachleute sind nicht frei davon. Da wird dann eben mit Windmühlen, mit Pferd und Pflug, mit dem Säemann etc. gearbeitet und dabei immer wieder das wirklichkeitsfremde Bild gepflegt, das unsere allgemeine Öffentlichkeitsarbeit gerade zu verändern versucht.

Die Zeit, in der die Menschen vor dem Fernseher sitzen, können sie nicht in der wirklichen Welt zubringen, nicht in der Natur, nicht auf dem Bauernhof usw. usw.. Was auf der Strecke bleibt, ist der Bezug zur Wirklichkeit. Dabei geht z.B. das Gefühl für dynamische Abläufe in der Natur immer mehr verloren. Dass Pflanzen ernährt werden müssen, dass auch mechanische Unkrautbekämpfung das Ziel hat, Wildkräuter zu beseitigen, diese Dinge sind inzwischen schwer zu vermitteln.

Als jüngst in einer Wohnanlage Bäume von fachkundigen Gärtnern zurückgeschnitten worden waren, weil sie einigen Wohnungen auch den letzten Sonnenstrahl nahmen, gab es großes Geschrei wegen angeblicher Naturzerstörung. Ganz verwundert ist man jetzt, dass auch diese Bäume sich begrünt haben und sogar von Tag zu Tag besser aussehen. Als die Bäume noch kahl waren, fehlte schlicht die Fähigkeit, sich den zu erwartenden Wachstumsprozess vorzustellen.

Überhaupt haben die Menschen heutzutage nicht die Fähigkeit, sich die Entwicklung von Bäumen vorher vorzustellen. Ein Baum muss schon ein Baum sein, wenn er gepflanzt wird, schließlich "pflanzen wir ja Bäume". Das führt dann dazu, dass die Kosten dafür immer höher werden und die Anwachsprobleme immer größer. Sonderbare Blüten trieb diese Art zu denken vor einigen Wochen am Rande einer Stadt. Bei der Einbiegung zur Bundesstraße hatten große Silberpappeln durch unterirdische Triebe dafür gesorgt, dass das Gelände zwischen den beiden Straßen mit kleinen Silberpappeln, gut einen Meter hoch, bestückt war. Die Gärtner mähten diese Bäumchen zusammen mit dem zwischen ihnen wachsenden Gras ab. Soweit konnte man es noch für eine vernünftige Maßnahme halten; immerhin konnte sie dem Sichtschutz dienen. Aber dann kamen wieder Gärtner und pflanzten Bäume... . Schön, wie es sich gehört, mit einem Stützgerüst aus zwei kräftigen Pfählen. Übrigens pflanzten sie Pappeln, keine Silberpappeln, vor deren Hang zu vegetativer Vermehrung sie wohl zu viel Respekt hatten, aber immerhin Pappeln anderer Arten. Hoffentlich wird die Enttäuschung nicht zu groß, wenn auch die gepflanzten Pappeln ihr Talent zeigen, Straßen von unten her schädigen zu können. Kleine, wohl von Eichhörnchen "gesäte" Eichen übersahen die Gärtner übrigens ganz, und auch die gab es dort in großer Zahl. Hätte man von der Natur lernen wollen, wären die eigentlich das Richtige gewesen. Nein, es musste gepflanzt werden. War es womöglich eine Ersatzpflanzung für anderswo gefällte Bäume? Richtig, eine "Pflanzung" wäre es nicht gewesen, wenn man von den vorhandenen kleinen Bäumchen schlicht einige stehen gelassen hätte. Das könnte der Sache einen Sinn geben, wenn auch keinen sehr überzeugenden. Wäre man boshaft, könnte man auch von Unsinn sprechen, vom Unsinn einer

unnötigen und falschen Ersatzpflanzung aus rechtlichen Gründen.