Nr. 32 vom 14. August 1999

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Während wir heute unsere heimische Vogelwelt schützen und erhalten, galten besonders im 16. Jahrhundert auch Klein- und Singvögel als Delikatesse. Selbständig arbeitende Vogelfänger hatten die Aufgabe, Vögel in großen Mengen zu fangen und zur herrschaftlichen Küche auf das Wernigeröder Schloss zu bringen. So betrug die Ausbeute an Vögeln in unserem Gebiet in den Jahren 1550/51 z.B. neben 67 Haselhühnern, sechs Schnepfen und 200

Krammetsvögeln (Weindrosseln) auch 520 verschiedene Kleinvögel, 120 Drosseln und 4200 Finken."

Als Text von Informationstafeln in einem Naturschutzgebiet im Bereich der Alten Bundesländer ist dies schwer denkbar, bei uns überwiegen meist Aussagen zu den heute gesehenen Gefährdungspotentialen. Gefunden haben wir den Text im Naturschutzgebiet "Elendstal" südlich von Wernigerode im Ostteil des Harzes. Der Seitenhieb auf die "herrschaftliche Küche" ist unverkennbar. Aber gleichwohl, ist es denn so falsch, sich einmal den früheren Gefährdungsursachen zuzuwenden und nicht nur die moderne Welt anzuklagen? Schließlich ist es doch keine Kleinigkeit, wenn in einem einzigen Jahr über 5000 Vögel in die Küche wandern. Kaum nach Familien, Gattungen oder gar Arten sortiert, bleibt es der Phantasie überlassen, wie viele Finkenarten dort ausgerottet wurden. "520 verschiedene Kleinvögel", was sich wohl hinter diesem Hinweis alles verbirgt. Finken scheinen es nicht gewesen zu sein.

Vermutlich ist dort das geschehen, was für die Gegenwart als so typisch immer wieder behauptet wird. Es wurden Arten ausgerottet, ehe sie überhaupt bestimmt und näher identifiziert waren. In der Gegenwart, und das ist sogar im Landschaftsprogramm des Landes Schleswig-Holstein nachzulesen, verringert sich die Zahl der Vogelarten auf den Roten Listen. Die Bestände stabilisieren sich, und es können mehr Arten von den Listen gestrichen werden als neu hinzuzufügen sind. So gut wie bei den Vögeln sieht es nicht überall aus, aber warum soll man nicht auch einmal das Positive herausstreichen können?

Im Elendstal finden wir noch mehr über die Vergangenheit: "Der letzte Bär wurde 1705 am Brocken erlegt". Und wie man den Wolf systematisch ausrottete, wird näher beschrieben: 1798 war es, nicht nur "ein großes Jägeraufgebot" sondern auch "Lappen" kamen zum Einsatz. Im März 1817 schließlich wurde der letzte Luchs erlegt. Dann folgt eine Aufzählung der heute noch "bemerkenswerten" Raubwildarten, ein Neuling wird dort unkommentiert mit aufgeführt, der Waschbär. Wollte man es nicht kommentieren? Hat man ihn schon "inventarisiert"? Vielleicht denkt man dort etwas dynamischer? Informiert wird dann über den Diskussionsstand zur möglichen Wiedereinbürgerung des Luchses. Das Hauptproblem ist dort wie anderswo die Kleinheit der ruhigen Bereiche, die Folge einer ansonsten erwünschten verkehrsmäßigen Erschließung, aber man hat Ideen.

Der größte Teil des weiteren Informationsmaterials enthält im übrigen liebevoll gemachte Beiträge zur Tier- und Pflanzenkunde. Der Besucher wird so in die Lage versetzt, dort vorkommende ihm bisher unbekannte Arten selbst zu bestimmen. Im Informationszentrum dominiert dieses didaktisch gut gemachte Material über Belastungsprobleme. Stolz wird auf Nachfrage auch darauf hingewiesen, dass das schon verschwunden gemeinte Harzer Rotvieh wieder da ist. Sachliche Information und eine positive Grundeinstellung als gute Grundlage für weitere Motivation bestimmen das Bild und vermitteln eine angenehme Grundstimmung nach dem Motto : "Haben Sie heute schon Ihr Kind gelobt?"