Nr. 42 vom 23. Oktober 1999

 

Bauernblatt für Schleswig-Holstein und Hamburg

Autor Dr. agr. Hans Peter Stamp

Logisch?

Die Erfolge der deutschen Landwirtschaft bei der Verringerung der Düngermengen sind schon heute sehr beachtlich. Das fällt umso mehr ins Gewicht, weil gerade in den letzten Jahren die Erträge nochmals erheblich gesteigert werden konnten. Immer mehr Ertrag bei immer weniger Aufwand, das ist wirklich eine Erfolgsstory. Und es stellt sich natürlich die Frage, wie lange sich dies noch fortsetzen lässt. Eines steht dabei fest, wer keinen Raubbau betreiben will, wird auf lange Sicht mindestens soviel düngen müssen, wie die Pflanzen dem Boden entziehen. Es gibt aber neue Techniken, die weitere Ertragssteigerungen bei nochmals niedrigeren Aufwandmengen zulassen, bis zu der eben genannten Schwelle selbstverständlich.

Jüngst sprach auf einer Versammlung von Lehrern ein Referent über diese neuen Techniken, über das Phänomen, dass wir bisher unsere Flächen gleichmäßig gedüngt haben und dies zukünftig dank der Satellitentechnik nicht mehr tun werden. Zukünftig wird es möglich sein, so der Referent, die einzelnen Teilflächen individuell zu düngen. Der Satellit sagt dem Mähdrescher, an welcher Stelle er sich gerade befindet und ermöglicht ihm damit, elektronisch zu dokumentieren, wie viel er an genau dieser Stelle gedroschen hat. Ein ebenso gelenkter Düngerstreuer kann dann entsprechend differenziert seine Mengen ausbringen. Den

Zuhörern wurde so deutlich gemacht, dass früher Teile eines Feldes zu wenig und andere Teile zu viel erhielten, auch wenn die gesamte Menge auf den Schlag bezogen durchaus stimmte. Die Diskussion zu diesem Thema war lebhaft. Einige der sämtlich landwirtschaftlich

nicht fachkundigen Zuhörer zeigten sich fasziniert von der Möglichkeit, bisher unvermeidliche Überdüngung zu vermeiden und mit demselben Verfahren gleichzeitig die Erträge weiter zu steigern. Etwas Wasser in den Wein musste der Referent schütten, als es um die Ökonomie dieser Technik ging. "Zwar praxisreif, aber für die meisten Betriebe noch zu hohe Investitionskosten", war seine Auskunft auf eine entsprechende Frage. Andere unter den Zuhörern warfen dem Referenten übertriebene Technikgläubigkeit vor. Einsehen wollten sie schon, dass es gut ist, wenn Überdüngung vermieden wird. Bei der Perspektive, auf Teilflächen durch höhere Düngung mehr Ertrag zu erzielen, waren sie schon skeptischer. Gegen die nach seiner Meinung "übertriebene Technisierung" war einer von ihnen aber ganz und gar. Er machte einen anderen Vorschlag. Anstatt nach immer mehr Technik zu rufen, müssten die Bauern nur sorgfältiger sein. Sie müssten das Getreide eben so anbauen, dass es auf der Fläche überall gleichmäßig wachse. Für den Referenten war damit der Startschuss für einen Exkurs in Sachen Bodenkunde gegeben. Nun galt es zu erklären, dass das Ganze nicht eine Frage der gleichmäßigen Aussaat sei und auch nur sehr bedingt eine Frage der Bodenbearbeitung. Mit Geduld erklärte er das Phänomen, dass der Boden in seiner Ertragsfähigkeit oftmals auf engstem Raum sehr unterschiedlich sein kann, besonders ausgeprägt bei kuppiertem Gelände, aber auch auf ebenen Flächen und sogar in der Marsch. Man kann dankbar sein, dass in diesem Fall die Diskussion so offen geführt wurde und dadurch ein Missverständnis beseitigt werden konnte. Gleichwohl bleibt ein schlechter Beigeschmack. Wie wir es so oft erleben, neigen die Menschen, auch wenn sie selbst über keinerlei Sachkunde verfügen, zuallererst dazu, die Bauern wegen ihres Verhaltens zu kritisieren. Es scheint in unserer Gesellschaft eine Grundtendenz zu geben, sich in Fragen der Landwirtschaft von oben herab zu äußern. Dies ist aber für uns kein Grund zu resignieren, im Gegenteil, wir müssen froh sein über jede Gelegenheit zu klärenden Gesprächen.