Dies ist meine Wissenschaftsseite . Angefangen hat es mit einem Beitrag zur Inzucht im Europäischen Hochadel, den Sie unten auch nach wie vor hier direkt ansehen können. Den Obertitel habe ich beibehalten, weil er inzwischen einen hohen Bekanntheitsgrad hat, auch wenn der Inhalt weit über das Thema Inzucht hinausgeht. Das dazu Gekommene erreichen Sie über die nachfolgenden Links:

Wollen Sie wissen, warum Adam und Eva kein Paar waren?

Oder interessiert Sie mein Diskussionsbeitrag zu der Frage der Geisteskrankheit des bayerischen Königs Ludwig II?

Meine wöchentliche Kolumne Logisch? im Bauernblatt für Schleswig-Holstein und ein Merkblatt zur Gentechnologie in der Landwirtschaft erreichen Sie ebenfalls von hier. Außerdem können Sie meine Dissertation aus dem Jahr 1973 zum Thema "Populationsgenetische Untersuchungen an Holsteiner Warmblutpferden" ansehen.

Jetzt aber zum kurz gefassten Inzuchtbeitrag:

Zwei Veröffentlichungen von mir zum Thema "Inzucht im Hochadel" sind im Archiv für Familiengeschichtsforschung erschienen. Hier finden Sie eine Kurzfassung davon:

Wer mehr sehen will, findet den Aufsatz

  • "Inzuchtermittlung mit zuverlässiger Methode, Die Ermittlung des Inzuchtkoeffizienten als überlegene Methode im Vergleich zu Rückschlüssen aus dem Ahnenimplex"

im Archiv vom März 1999 und

  • "Inzucht im europäischen Adel, 12531 Vollgeschwistergruppen im Test"

im Archiv vom Dezember 1999.

Gliederung dieser kurz gefassten Darstellung:

  1. Vorsicht Fehlschluß
  2. Inzucht
    1. Inzucht als biologisches Phänomen
    2. Der Inzuchtkoeffizient
      1. Definition
      2. Von mir angewandte Ermittlungsweise
    3. Ein Ergebnis am Rande
  3. Gesamtlage zur Inzucht beim europäischen Adel
    1. Das Material
    2. Die Ergebnisse
  4. Fälle besonders hoher Inzuchtkoeffizienten
    1. Wie bei den Pharaonen
    2. Weitere Fälle hoher Inzucht

1. Vorsicht Fehlschluß

In der genealogischen Literatur gibt es zahlreiche Hinweise zum Phänomen Inzucht, insbesondere beim Hochadel. Meist wird dabei aus dem mehrfachen bzw. vielfachen Auftreten (Ahnenimplex) von Ahnen auf Inzucht beim Probanden geschlossen. Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, daß derartige Schlüsse oft Fehlschlüsse sind, zumindest aber nur eine geringe Genauigkeit in der Aussage zu bieten haben.

Zur zuverlässigen Ermittlung der jeweiligen Verwandtschaft der Eltern, der Inzucht des Probanden also, stelle ich eine Methode vor, die in der Züchtung von Tier und Pflanze seit etlichen Jahrzehnten bewährt ist, die Ermittlung des Inzuchtkoeffizienten nach Wright. Für Otto von Habsburg und 43 seiner Zeitgenossen aus dem Hochadel habe ich so gewonnene Ergebnisse mit sehr unterschiedlichen Inzuchtkoeffizienten gefunden. Diese Ergebnisse wurden mit verschiedenen Parametern zum Implex verglichen. Dabei zeigt sich, daß die Implexparameter nur locker mit den Inzuchtkoeffizienten zusammenhängen.

Die Ergebnisse wurden mit einem selbst erstellten EDV-Programm namens "Genealogos" gewonnen.

2. Inzucht

Inzucht ist ein biologisches Phänomen, das sich als Wahrscheinlichkeitskoeffizient mathematisch fassen läßt.

2.1 Inzucht als biologisches Phänomen

Unter Inzucht versteht man die Paarung von abstammungsverwandten Individuen. Auf die Frage der Folgen von Inzucht soll hier nicht näher eingegangen werden. Es sei nur der Populationsgenetiker Falconer kurz zitiert: "Die sichtbarste Konsequenz der Inzucht ist das Absinken des mittleren Phänotypwertes bei Merkmalen, die mit der reproduktiven Kapazität oder physiologischen Effizienz zusammenhängen, dem Phänomen, das als Inzuchtdepression bekannt ist". Man kann es auch so ausdrücken, daß die Folgen der Inzucht um so gravierender sind, je mehr es um Fragen der Vitalität geht, und um so weniger gravierend, wenn es um z.B. geistige Eigenschaften geht.

Inzucht ist immer das Resultat aus der Verwandtschaft der Eltern. Inzucht bei Vorfahren kann für den Probanden völlig ohne Belang sein, wenn nämlich die Eltern miteinander nicht verwandt sind. Das gilt auch, wenn z.B. beide Eltern für sich genommen das Resultat hoher Inzucht sind. Denkbar ist eine Person, bei der die väterlichen Großeltern nahe miteinander verwandt sind und die mütterlichen Großeltern ebenfalls, während zwischen den väterlichen Großeltern einerseits und den mütterlichen Großeltern andererseits keinerlei Verwandtschaft besteht; eine solche Person hätte einen Inzuchtkoeffizienten von 0.

2.2. Der Inzuchtkoeffizient

Der Inzuchtkoeffizient (F) ist ein Maß für den Umfang der Inzucht. Einige verwenden ihn als Dezimalbruch, mir kommt er als Prozentzahl anschaulicher vor. Bei der Darstellung als Dezimalbruch kann er alle Werte von 0 bis 1 annehmen, bei der Darstellung als Prozentzahl alle Werte von 0% bis 100%. Zwei Beispiele:

  • Wenn die Eltern Vetter und Cousine und ansonsten nicht verwandt sind, ist F = 6,25% (oder F = 0,0625).
  • Wenn die Eltern Halbgeschwister und ansonsten nicht verwandt sind, ist F = 12,50% (oder F = 0,125).

2.2.1 Definition

Der von Whrigt entwickelte Koeffizient selbst ist in der Literatur oft beschrieben worden. Kurz gesagt gibt er die Wahrscheinlichkeit an, mit der ein Gen des Probanden herkunftsgleich ist. Ein Koeffizient von F = 5.75%, wie bei Otto v. Habsburg, besagt also, daß erwartungsgemäß 5.75% seiner Allele gleich sind und 94.25% verschieden. Wenn man bei ihm also von Inzucht redet, spricht man von 94.25% seiner Erbmasse in dem Moment nicht.

Weitere Bewertungen will ich an dieser Stelle nicht vornehmen. Vielleicht nur ein Kuriosum aus der Rechtslage in Deutschland: Halbgeschwisterehen sind bei uns wegen zu enger Verwandtschaft verboten, Ehen von Onkel und Nichte nicht. In beiden Fällen aber ist F = 12.50%.

2.2.2 Von mir angewandte Ermittlungsweise

Voraussetzung für die Anwendbarkeit des vorstehend beschriebenen Verfahrens ist im Hinblick auf die Praktikabilität eine auf einen Blick überschaubare Ahnentafel. Schon bei Ahnentafeln, die sich auf mehreren Seiten befinden und deren Inhalt man nur durch Hin- und Herblättern erschließen kann, wird es sehr schwierig. Völlig unmöglich wird es dann, wenn man eine dynastische Ahnenliste hat, die ganze Bücher füllt. Über 20.000 verschiedene Ahnen erfordern schon ca. 500 Seiten, auch, wenn man sie alle nur einmal aufführt. Tatsächlich kommen sie aber teilweise millionenfach vor und sind für die Ermittlung des Inzuchtkoeffizienten auch so oft zu berücksichtigen. Lange habe ich über einen geeigneten methodischen Ansatz zur Auflösung dieses Dilemmas nachgedacht, wobei von vornherein klar war, daß es ohne EDV nicht zu lösen war. Es ging also darum, wie das EDV-Programm zu konzipieren war.

Ich habe dann auf ein in anderem Zusammenhang bereits bewährtes Verfahren zurückgegriffen.

Wright und McPhee hatten schon 1925 ein Verfahren zur Inzuchtschätzung bei ganzen Populationen entwickelt. Sicher ahnten sie nicht, wie gut es im Rahmen einer späteren EDV geeignet sein würde. Dieses Verfahren kann auch zur Schätzung bei einzelnen Personen verwendet werden. Ausgehend vom Vater und von der Mutter werden dabei nach dem Zufallsprinzip zwei Untersuchungsketten aus der Ahnenliste entwickelt. Zum näheren Studium muss ich auf meine o.a. Aufsätze verweisen. 2.3 Ein Ergebnis am Rande Der Quotient aus der erforschten Ahnenzahl (für Otto v. Habsburg in der 23. Generation: 4.305.668) und der Zahl erforschter verschiedener Ahnen (für Otto v. Habsburg in der 23. Generation: 6.658) hat in dynastischen Ahnenlisten noch eine ganz andere spezifische Eigenschaft. In weit zurückliegenden Generationen scheint er weitgehend proportional zum Erforschtheitsgrad in der betreffenden Generation zu sein. Aus einem ganz simplen Grund ist er um so höher, je größer die Zahl der erforschten Kekule - Plätze ist: Die Zahl erforschter verschiedener Ahnen scheint in allen Dynastenahnentafeln in weit zurückliegenden Generationen gleich zu sein. Anders ausgedrückt: Die Ahnen, die im zwölften oder dreizehnten Jahrhundert als Ahnen von heute lebenden Hochadligen erforscht sind, sind weitgehend allen heute lebenden Hochadligen gemeinsam, sie haben alle dieselben Ahnen. Unterschiede gibt es nur in der Häufigkeit ihres Auftretens und in ihrer räumlichen Verteilung auf die Ahnenliste.

3. Gesamtlage zur Inzucht beim europäischen Adel

3.1. Das Material

Mit meiner Methode untersuchte ich alle Vollgeschwistergruppen meiner Datei. 12531 solcher Gruppen aus 17 Jahrhunderten waren zu untersuchen, wobei auch Einzelkinder als "Vollgeschwistergruppe" angesehen wurden. Die Datei umfaßt im wesentlichen die Vorfahren des heutigen europäischen Hochadels, aber auch die Vorfahren einiger Vertreter des mittleren und niederen Adels. Bei den Vorfahren geht es dabei überwiegend um adlige Personen, aber bekanntlich haben Vertreter des heutigen europäischen Hochadels in Einzelfällen auch bürgerliche Vorfahren; die bekanntesten Beispiele finden sich u.a. in den Häusern Bernadotte und Bonaparte. Zahlenmäßig spielen die bürgerlichen Personen aber unter den 12531 Vollgeschwistergruppen keine große Rolle. Gezählt habe ich sie nicht, zumal es in Einzelfällen dabei auch Abgrenzungsprobleme gegeben hätte.

3.2. Die Ergebnisse

Wer sich den europäischen Adel als von Inzucht geradezu geprägt vorstellt, wird durch meine Resultate sehr enttäuscht sein. Von den 12531 Gruppen hatten 10587 einen Inzuchtkoeffizienten von weniger als 1%, eine Mehrheit von ihnen sogar 0%. (Bei nur 5000 Iterationen sind im Durchschnitt aber auch keine Werte kleiner als 0,01% zu erwarten, sie werden als 0% ausgewiesen). Teilweise ist dieses Gesamtresultat sicherlich auch ein Ergebnis unvollständiger Kenntnis über die jeweiligen Vorfahrenschaften. Aber im wesentlichen kommt hier der Befund zu Tage, daß stärkere Inzucht im europäischen Adel eher die Ausnahme und nicht der Regelfall ist.

Die vorgenannten Zahlen besagen andererseits natürlich auch, daß 1944 Vollgeschwistergruppen einen Inzuchtkoeffizienten von einem Prozent und darüber hatten. Wenn man weiß, daß in bürgerlichen Kreisen Verwandtschaft zwischen Ehepartnern eher selten nachweisbar ist, kann man diese Zahl, wenn man will, auch als immerhin beachtlich bezeichnen. Nun ist 1% keine Inzucht im Sinne einer womöglich gar problematischen Verwandtschaft zwischen Partnern. Hier eine Grenze ziehen zu wollen, bedarf einer Entscheidung, die nicht frei von Willkür sein kann.

So möchte ich, bei aller Willkür, eine erste Grenze bei 3,125% ziehen. Dies nämlich ist die Hälfte dessen, was bei einer Verbindung vorliegt, bei der die Partner Vetter und Cousine und ansonsten nicht verwandt sind. Oberhalb von 3,125% lagen von den 1944 Vollgeschwistergruppen nur 764. Von diesen wiederum hatten nur 332 einen Koeffizienten von 6,25% oder darüber. Und nur 57 von diesen lagen höher als 12,5%. Deren Eltern waren also enger miteinander verwandt als Halbgeschwister es sind, die ansonsten nicht miteinander verwandt sind. Den 57 Vollgeschwistergruppen mit einem wohl als Inzest zu bezeichnenden Inzuchtgrad sollen die nachfolgenden Ausführungen gewidmet sein.

4. Fälle besonders hoher Inzuchtkoeffizienten.

4.1. Wie bei den Pharaonen

Am 12. Dezember 1666 heiratete der österreichische Kaiser Leopold I seine Nichte Margarethe Theresia, die Tochter des Königs Philipp IV von Spanien, der mit Leopolds Schwester Marie Anna verheiratet gewesen war. Wären die beiden Eheleute nur Onkel und Nichte gewesen und ansonsten nicht verwandt, hätten ihre vier Kinder "nur" einen Inzuchtkoeffizienten von 12,5%. Tatsächlich geht es hier aber um

30,62%,

den höchsten Wert, den ich überhaupt gefunden habe. Die seit Generationen innerhalb des Hauses Habsburg geschlossenen Ehen wirkten sich hier aus. Von den vier Kindern aus dieser inzestuösen Verbindung starben drei als Kleinkinder. Marie Antonie erreichte ein Alter von 23 Jahren, und als sie 1692 starb, war sie bereits Mutter von drei Kindern, die ihrerseits als Kinder im Alter von wenigen Tagen bzw. - ein Sohn - im Alter von sieben Jahren starben. Wäre Leopold I nach dem Tod seiner Nichte und ersten Frau nicht noch weitere Ehen eingegangen, gäbe es von ihm also keine heute lebenden Nachkommen.

Vordergründig noch krasser, aber doch mit einem etwas niedrigerem Koeffizienten, liegt der Fall bei der Rose v. Armagnac. Etwa 1474 wurde sie geboren, heiratete 1499 und starb 1526. Nach den Europäischen Stammtafeln stammt sie aus der "Verbindung" des Grafen Jean V v. Armagnac "mit seiner Schwester Isabelle". Jean war an sich verheiratet mit einer Tochter des Grafen Gaston IV v. Foix. Seine Schwester war unverheiratet und starb bald nach der Geburt des vom Bruder gezeugten Kindes. Es ist dies der einzige mir bekannte Fall aus dem europäischen Adel, in dem es zu einem Kind aus einer echten Vollgeschwisterverbindung kam. Rose war damit ein Inzuchtkoeffizient von 25% sicher. Der tatsächliche Wert liegt mit

27,05%

wegen weiterer Verwandtschaft der Eltern von Rose etwas höher.

Noch zwei weitere Fälle konnte ich aufspüren, in denen die Inzucht höher lag als bei einer einfachen Vollgeschwisterverbindung. Am 10. Oktober 1846 heiratete die spanische Königin Isabella II ihren "doppelten" Vetter Franz de Assisi. Aus der Ehe sollten zwölf Kinder hervorgehen, für die ich einen Inzuchtkoeffizienten von

26,60%

ermitteln konnte. Älter als 17 Jahre wurden nur fünf von ihnen. Der Inzuchtkoeffizient von 26,60% ist wirklich außerordentlich hoch. Hierzu muß man sich vergegenwärtigen, daß das eindrucksvolle Bild der identischen Großeltern der Eheleute Isabella II und Franz v. Assisi nur einen Koeffizienten von 12,50% bedingen würde. Der Rest von 14,10% geht auf weitere Inzuchtvorgänge zurück.

Leopold I von Österreich und seine spanische Ehefrau sind nicht nur die am nächsten miteinander verwandten Eltern des europäischen Adels. Margarete Theresia nimmt zusammen mit ihren fünf Geschwistern aus der zweiten Ehe Philipps IV auch für sich selbst den vierten Platz in der Hitliste der Inzucht des europäischen Adels ein. Mit

25,35%

sind sie der vierte pharaonengleiche Fall. Margarete Theresia, die selbst nur 22 Jahre alt wurde, hatte vier als Kleinkinder bzw. Säuglinge verstorbene Geschwister und dazu König Karl II, ihren jüngeren Bruder, der immerhin 39 Jahre alt wurde und dennoch als besonders bekanntes Beispiel von inzuchtbedingter Degeneration gilt. Mit ihm starben die spanischen Habsburger aus. Nicht ganz wie bei den Pharaonen, aber mehr als anderthalbfache Halbgeschwister

4.2 Weitere Fälle hoher Inzucht

Elf Fälle kann ich nachfolgend zeigen, wo die Inzucht um mehr als 50% stärker ist, als es bei einfachen Halbgeschwistern der Fall ist.

Angeführt wird diese Gruppe mit

24,87%

von den sechs Kindern des Grafen Franz v. Trapani aus dessen Ehe mit seiner Nichte, der Tochter seiner Schwester Maria Antonia, die mit dem Großherzog Leopold II von Toskana verheiratet war. Zwei der sechs Kinder erreichten in diesem Fall das Erwachsenenalter, zwei starben als Jugendliche und zwei als Kleinkinder.

Onkel und Nichte waren auch die Eheleute Karl v. Schwarzburg Sondershausen und Güntherine geb. v. Schwarzburg Sondershausen, Tochter von Karls Schwester Friederike. Wobei Güntherines Vater gleichzeitig Karls Vetter war. Von den vier Kindern aus dieser Ehe mit einem Inzuchtkoeffizienten von

24,69%

starben zwei als Kleinkinder. Die Tochter Luise wurde 35 Jahre alt, die Tochter Charlotte Amalie 96 Jahre.

Auch Prinz Leopold v. Sizilien heiratete 1816 mit der Tochter seiner Schwester Marie Therese eine Nichte. Der beiden Tochter Karoline heiratete den Herzog Heinrich v. Aumale. Karolines zwei lebend geborene Geschwister starben früh. Eine Schwester kam tot zur Welt. Der Inzuchtkoeffizient betrug in diesem Fall

22,43%.

Die spanische Königin Isabella II ist uns durch ihre inzestuöse Ehe mit ihrem Vetter Franz bereits begegnet. Auch sie selbst stammte ebenso wie ihre Schwester Luise aus einer Verbindung mit hohem Inzuchtgrad von

21,37%.

Die Eltern waren Ferdinand VII v. Spanien und dessen vierte Ehefrau Marie Christine, die Tochter seiner Schwester Marie Isabella.

Den nächsten Platz nehmen der bereits erwähnte Titularkönig Franz v. Spanien (Ehemann der Königin Isabella II) und dessen zehn Geschwister mit gleichfalls

21,37%

ein. Von den Kindern des Franz de Paula und seiner ihm 1819 angetrauten Ehefrau Luise starben fünf im Kindesalter. Gemessen an den üblichen Verhältnissen der damaligen Zeit ist das nicht unbedingt ein zwingender Beleg für inzuchtbedingte Vitalitätsminderung. Eine solche Sterberate kann durchaus im Bereich des damals Normalen gelegen haben. Der Frage, in welchem Umfang Inzucht die Überlebenschancen von Menschen mindert, habe ich am vorliegenden Material auch nicht methodengerecht quantitativ untersucht.

Deutlich wird es bei den vier Vollgeschwistern Philipps III von Spanien. Keines von ihnen wurde älter als sieben Jahre, während Philipp selbst immerhin erst mit 42 Jahren starb. Die fünf Kinder Philipps II und seiner vierten Ehefrau Anna hatten einen Inzuchtkoeffizienten von

21,33%.

Auch Philipp II und Anna waren Onkel und Nichte.

Am 06.03.1886 heirateten Anton v. Bourbon Montpensier und seine Cousine Eulalie, die Tochter des spanischen Titularkönigs Franz sowie der Königin Isabella II. Die zwei Kinder aus dieser Ehe hatten auf Grund der bereits zur Sprache gekommenen vielfältigen vorherigen Verwandtenehen einen Inzuchtkoeffizienten von

20,87%.

Dies allerdings nur, wenn Eulalie wirklich die Tochter des Titularkönigs war.

Einen Inzuchtkoeffizienten von

20,51%

wird man bei einer Ehe von Vetter und Cousine nicht unbedingt erwarten, zumal, wenn jetzt eine Familie neu ins Bild tritt, das Haus Portugal. Aber das 1554 geborene Einzelkind Sebastian v. Portugal hatte wie ein Kind aus einer Vollgeschwisterehe nur vier Urgroßeltern, indem seine Großeltern "über Kreuz" zwei Geschwisterpaare darstellten. Großmutter väterlicherseits und Großvater mütterlicherseits waren Geschwister; Großmutter mütterlicherseits und Großvater väterlicherseits ebenfalls. Zudem gab es weiter zurückliegende Verwandtschaft zwischen Sebastians Eltern, dem Prinzen Johann und der Tochter Kaiser Karls V mit Namen Johanna.

Die nächsten in der Rangliste sind wieder Bourbonen. 1816 heirateten der jüngere Bruder des spanischen Königs Ferdinands VII, Prinz Karl mit Franziska, der Tochter des potugiesischen Königs Johann VI. Die drei Kinder aus dieser Ehe hatten einen Inzuchtkoeffizienten von

19,83%.

Sie erreichten alle das Erwachsenenalter. Auffällig ist hier allenfalls, daß die Eltern, Onkel und Nichte, in 18 gemeinsamen Ehejahren nur drei Kinder hatten. Mit

19,67%

folgen dann die Kinder der 1635 verheirateten Eheleute Maximilian I v. Wittelsbach und der Maria Anna v. Habsburg, ebenfalls Onkel und Nichte. Der bayerische Kurfürst und die Kaisertochter hatten zwei Kinder, den späteren Kurfürsten Ferdinand und dessen jüngeren Bruder Maximilian, der den Titel eines Herzogs von Leuchtenberg führte.

Güntherine v. Schwarzburg Sondershausen ist uns oben bereits als Ehefrau ihres Onkels Karl v. Schwarzburg Sondershausen begegnet. Sie war das einzige Kind von Friedrich v. Schwarzburg Sondershausen und dessen Cousine Friederike v. Schwarzburg Sondershausen und hatte einen Inzuchtkoeffizienten von

18,76%.

Ihre Eltern waren auf gleiche Weise wie die Eltern des Sebastian v. Portugal "doppelt" Vetter und Cousine.

Gefunden habe ich dann noch 42 minder schwere Fälle mit Inzuchtkoeffizienten zwischen 12,5% und 18,66%.